24.10.2018

Die ehrenamtlichen anwaltlichen Vormundschaften nominiert für den Nationalen Integrationspreis

Preisverleihung am 29.10.2018

900 Berliner Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte haben sich seit 2015 als ehrenamtliche Vormünder für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge engagiert. Dieses Projekt der Rechtsanwaltskammer Berlin (RAK) und des Berliner Anwaltsvereins (BAV) war für den Nationalen Integrationspreises 2018 der Bundesregierung nominiert, der am Nachmittag des 29.10.2018 verliehen wurde. Eine fünfköpfige Jury verlieh den Preis in Anwesenheit der Bundeskanzlerin an das Projekt „Brückenbau – Vielfalt begegnen!“ der Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland und der Hilfsorganisation IsraAID Germany e.V.

Der Präsident der Rechtsanwaltskammer Berlin, Dr. Marcus Mollnau, erklärte bei der Preisverleihung: „Es freut mich sehr, dass das große Engagement der Berliner Anwältinnen und Anwälte durch die Nominierung für den Integrationspreis gewürdigt wird.“

Ende 2015 hielten sich mehr als 4.000 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Berlin auf. Die Amtsvormünder, denen bis zu 50 Mündel zugewiesen werden dürfen, waren überlastet, die Berliner Verwaltung überfordert. Auf Bitten der Rechtsanwaltskammer und des Anwaltsvereins erklärten sich die Berliner Familiengerichte bereit, die von den beiden Anwaltsorganisationen benannten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als ehrenamtliche Vormünder zu bestellen. RAK und BAV boten Fortbildungsveranstaltungen für die Vormünder an, der Berliner Anwaltsverein bietet weiterhin in regelmäßigem Abstand einen Erfahrungsaustausch an.

„Wir Rechtsanwälte haben eine besondere Verantwortung und wir sind für die Aufgabe als ehrenamtlicher Vormund auch gut aufgestellt“, stellt Rechtsanwältin Lisa Griesehop fest. „Die Situation meines zu Beginn 16-jährigen Mündels aus Afghanistan hat sich dadurch, dass ich als Vormund bestellt wurde, deutlich verbessert.“ Inzwischen ist er volljährig, gut integriert und auch seine Familie konnte nachziehen. Andere Vormünder begleiten nicht nur schwierigere Mündel, die durch die Flucht oder die Situation in ihrem Herkunftsland traumatisiert sind, sondern müssen auch mit schwerfälligen Behörden klar kommen.

„Manche Behörden waren sehr hilfreich, andere dagegen unterirdisch“, schildert RAin Eva Seegmüller, die Vormund zweier Kinder aus Syrien war, ihre Erfahrungen und ergänzt: „Die ehrenamtliche Vormundschaft ist oft inspirierend, manchmal frustrierend, aber in jedem Fall dringend nötig für die geflüchteten Kinder und Jugendlichen.“

„Das palästinensische Mädchen aus Damaskus, das ich als Vormund betreut habe, hat sich sorgfältig auf die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbereitet. Ihre Sorgen im Hinblick auf die Anhörung erwiesen sich danach als unbegründet. Sie war zusammen mit einer Nichte in einer Jugendhilfe-Wohngemeinschaft untergebracht,“ berichtet RAuN Dr. Justus Schmidt-Ott. „Nach ihrer Anerkennung als Flüchtling konnten ihre Eltern im Wege des Familiennachzugs in die Bundesrepublik kommen. Zuvor gehörte es auch zu meinen Aufgaben, für das Mädchen am Elternabend der Schule teilzunehmen“.

 

„Wir haben unsere Entscheidung zur Übernahme der Vormundschaften nicht bereut,“ resümiert RA Dr. Stefan Lütje, der zusammen mit seiner Frau die Vormundschaft für zwei syrische Jungen übernommen hat. „Es ist eine Herausforderung, aber auch eine bereichernde Erfahrung und hat uns und unseren Kindern einen anderen Zugang zu den komplexen Themen der Fluchtmotive, aber auch des Familiennachzuges und der Integration gegeben“.

RAin Dr. Jessica Jacobi, die sich ebenfalls um einen Syrer gekümmert hat: „Wenn man wartet, bis man nicht mehr ständig unter Zeitdruck steht, würde man vieles einfach nie machen.“