Rechtsanwalt und Notar Hans Ulrich Otto, Präsident der RAK Hamm, antwortet

Rechtsanwalt und Notar Hans Ulrich Otto

Hans Ulrich Otto ist in Dortmund geboren und hat in Bochum studiert. Seit 1984 ist er als Rechtsanwalt tätig, seit 1996 übt er zudem sein Amt als Notar aus. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Sozialrecht. Sein Kanzleisitz ist in Bochum.

Im Jahre 1999 wurde er in den Vorstand der RAK Hamm gewählt, deren Präsident er seit November 2019 ist. Dem Vorstand des Bochumer Anwalt- und Notarvereins e.V. gehört er seit 1990 an.

 

Warum sind Sie Rechtsanwalt geworden?

Als noch recht junger Mensch hatte ich schon die Beobachtung gemacht, dass Rechtskenntnisse  generell äußerst hilfreich sein können und die Durchsetzung des Rechts vornehmlich in den Händen der Anwaltschaft liegt. Deshalb wusste ich bereits bei der Aufnahme meines Studiums, dass ich Rechtsanwalt werden wollte.

 

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?

Mich hat Diether Posser beeindruckt. Er war Rechtsanwalt in der Kanzlei des späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann und zum Zeitpunkt meines Studienbeginns Justizminister in Nordrhein-Westfalen. Ab den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts war er als Strafverteidiger an einer Vielzahl öffentlichkeitswirksamer Prozesse beteiligt, in denen er vehement für die Rechte angeklagter Menschen eingetreten ist und damit auch und gerade rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze verteidigt hat. Nachlesenswert zusammengefasst hat er seine Erfahrungen als Rechtsanwalt in dem Buch „Anwalt im Kalten Krieg. Deutsche Geschichte in politischen Prozessen 1951-1968.“

 

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?

Nur drei?

Man muss kommunikationsfähig sein und auf die Menschen eingehen, ohne sich von ihnen vereinnahmen zu lassen. Dabei hilft mir z.B. die im Ruhrgebiet übliche und auch von mir gepflegte klare Ansprache. Ich verstehe mich als der entschiedene Vertreter der Interessen meiner Mandantinnen und Mandanten, bin aber nicht willfährig.

Man muss bereit sein, sich in den von der Kanzlei vertretenen Rechtsgebieten ständig weiter zu qualifizieren und fortzubilden. Eine ausgeprägte Lernbereitschaft ist also unabdingbar.

Man darf nicht nur die rechtlichen Aspekte einer Fallgestaltung in den Blick nehmen, sondern muss immer die Auswirkungen in der konkreten Lebenssituation der Betroffenen ins Auge fassen. Dabei ist  ein gewisser ökonomischer Sachverstand hilfreich.

 

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?

Allen, die davon überzeugt sind, dass dies der richtige Beruf für sie oder ihn ist.

 

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?

Überflüssig ist nach meiner Auffassung nichts.

In den Vordergrund stellen möchte ich die Verschwiegenheitspflicht der Anwältinnen und Anwälte. Das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit sind die notwendigen Voraussetzungen für die Ausübung unseres Berufes. Die Verschwiegenheitspflicht darf niemals verhandelbar sein und muss umfassend geschützt werden. Ohne strikte Verschwiegenheit kann kein Vertrauensverhältnis zwischen Mandantinnen und Mandanten einerseits und den Anwältinnen und Anwälten andererseits entstehen.

 

Worum geht es Ihnen bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?

Zunächst einmal darum, die letzten Verweigerer und Zweifler bezüglich des beA zu überzeugen.

Dann müssen die Kammern die anstehende Registrierung der Berufsausübungsgemeinschaften vorbereiten und diese organisatorisch und personell meistern.

Vor allem aber werden wir die Aufgabe der umfassenden Digitalisierung des gesamten Justizwesens nicht nur zu begleiten, sondern aktiv zu fördern haben. Dabei den umfassenden und ungehinderten Zugang aller Bürgerinnen und Bürger zum Recht sicherzustellen, ist unsere Pflicht.

Darüber hinaus betrachte ich es als unabdingbar notwendig, dass sich die Anwaltschaft unverzüglich gegenüber der neuen Bundesregierung nachdrücklich für eine bisher unterbliebene strukturelle Reform des RVG und die Sicherung regelmäßiger sowie berechenbarer Gebührenanpassungen einsetzt.

 

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?

Als Student habe ich z.B. bereits im AStA mitgewirkt und war auch Mitglied des Universitätsparlaments. Ehrenamtliches Engagement war für mich also schon lange selbstverständlich. Als ich von meinem damaligen Anwaltsvereinsvorsitzenden gebeten worden bin,  für den Kammervorstand zu kandidieren, bin ich dieser Bitte gerne nachgekommen.

 

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?

Sehr viel. Regelmäßig verbringe ich einen Tag der Woche in der Kammer, in Sitzungswochen kommt ein weiterer hinzu. Telefonische Rücksprachen mit der Kammer finden nahezu jeden Tag statt, dann gibt es noch Versammlungen auf Bundes- und Landesebene sowie vor Ort. Viel zu tun also. Es ist aber, das sei an dieser Stelle klargestellt, den Aufwand wert. Gelegentlich muss man das aber in der Kanzlei und auch zu Hause nochmal erklären.

 

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?

Nach meinem Eindruck fehlt vielen Berufsträgerinnen und -trägern die Zeit zum Innehalten, zum vertieften Nachdenken über die Strategie der Kanzlei und die gute Organisation der täglichen Arbeit.

 

Nutzen Sie soziale Netzwerke?

Ich bin nicht bei Facebook, Twitter, Instagram & Co., was altmodisch erscheinen mag. Ich habe aber schlicht nicht die Zeit, diesen Aufwand auch noch zu betreiben.

 

Was macht Sie wütend?

Wut empfinde ich äußerst selten. Richtig sauer werde ich allerdings, wenn Kolleginnen oder Kollegen sich nicht an Absprachen oder Vereinbarungen halten, die im vertraulichen Gespräch getroffen worden sind. Der vertrauensvolle Umgang miteinander ist für den Berufsstand von immenser Bedeutung. Wer dies nicht gewährleisten kann, gerät bei mir in die Kategorie „nicht gesprächs- oder telefonfähig“ und wird nur noch schriftlich von mir hören. Das kommt aber zum Glück nur in Einzelfällen vor.

 

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?

Ich bin bewusst Anwalt geworden, nicht Literat.

 

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?

Die Möglichkeiten zu schneller Kommunikation, die jetzt schon fast selbstverständliche Video-Konferenztechnik, die zunehmende Digitalisierung – alle diese Faktoren werden uns zukünftig und auch schon aktuell die Arbeit erleichtern.

 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?

Mit dem Leiter des örtlichen Tiefbauamtes, dann würde ich die Baustellentätigkeiten koordinieren.

 

Haben Männer es in Ihrem Beruf leichter als Frauen?

Leider und immer noch: Eindeutig ja!

 

Welche Stärken und Schwächen haben Sie?

Ich glaube, dass man mich eigentlich nicht missverstehen kann, da ich mich in der Regel klar und deutlich positioniere und artikuliere. In dieser Verhaltensweise sehe ich meine Stärke.

Zu den Schwächen schweigt – ich bitte um Verständnis – des Sängers Höflichkeit.

 

Ihr größter Flop?

Also bitte! Ich mache von meinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern.

 

Was lesen/hören/schauen Sie morgens als erstes?

Ich lese beim Frühstück eine örtliche und eine überregionale Tageszeitung.

 

Ihr liebstes Hobby?

Sport, in den vielfältigsten Varianten.

Mit Blick auf meinen Geburtsort erschließt sich zudem schnell, warum ich häufig auch in Fußballstadien junge Herren in schwarz-gelber Bekleidung anfeuere.

 

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Da ich die Vergangenheit nicht ändern kann: Keine.

 

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?

Ich versuche, die mir von einer früheren Lehrerin vermittelte italienische Weisheit zu beherzigen, die da lautet: Chi va piano, va sano e va lontano. Sehr frei übersetzt meint dies: Wer sein Leben locker und gelassen angeht, lebt gesünder und länger.

Kammerton 12-2021