Lösung für die
„Tauchstation“
in Sicht!

Rechtsanwältin Dr. Vera Hofmann, seit 2012 Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Berlin, Foto: Hoffotografen Berlin

Von Vizepräsidentin Dr. Vera Hofmann

 

Die Problematik besteht gefühlt schon solange, wie es die Anwaltsstation in der juristischen Referendarausbildung gibt: Die Referendarinnen und Referendare haben gerade gegen Ende des Referendariats das dringende Bedürfnis nach freier Zeit, um sich auf die Klausuren des zweiten Staatsexamens vorzubereiten. Momentan besteht die Anwaltsstation aus 9 Monaten und ist die letzte Station vor der schriftlichen Prüfung. Aus diesem Grund baten die Auszubildenden regelmäßig ihre ausbildende Kanzlei um Freistellung für eine gewisse Zeit, außerhalb der Urlaubszeit. Das Problem: eine derartige ausbildungsfreie Zeit zum Lernen, die sogenannte „Tauchstation“, ist in der Ausbildung nicht vorgesehen.

Da der Bedarf der Auszubildenden nach zusätzlicher Zeit zum Lernen von allen Beteiligten durchaus gesehen wird und die Gewährung einer Tauchstation bei der Akquise von qualifizierten Referendarinnen und Referendaren einen Wettbewerbsvorteil bietet, wurde die Tauchstation in vielen ausbildenden Anwaltskanzleien in fast allen Bundesländern zur Normalität.

Vor einiger Zeit begann das Kammergericht die den Zeugnissen beigefügten Ausbildungsnachweise der Anwaltsstation strenger zu kontrollieren. Dabei wurde sowohl die Häufigkeit als auch der Umfang der Tauchstation von bis zu sechs Monaten deutlich. Aufgrund der geltenden Gesetzeslage, aber auch um eine Gleichbehandlung der Referendarinnen und Referendare zu gewährleisten, bemühte sich das Kammergericht das „Tauchen“ einzudämmen. Dabei wurde jedoch deutlich, dass das Bedürfnis nach einer Selbstvorbereitungszeit vor dem Examen so groß ist, dass von Referendarinnen und Referendaren ebenso wie von den Ausbildenden Wege zur Umgehung der Vorgaben des Kammergerichts gesucht wurden. Diese Problematik war Thema diverser Besprechungen von Justizprüfungsamt (GJPA), KG und der Rechtsanwaltskammer Berlin, bei der auf allen Seiten das Bedürfnis der Referendare und Referendarinnen zwar gesehen wurde, akzeptable Wege jedoch bisher nicht gefunden werden konnten.

Nun zeichnet sich ab, dass diese Problematik endlich zufriedenstellend gelöst wird. Nach Rücksprache mit dem GJPA und der RAK Berlin beabsichtigt das KG die Änderung des Ausbildungsplanes dahingehend, dass es nun möglich sein soll, für den Fall, dass der/die Auszubildende die gesamten 9 Monate bei nur einer Kanzlei ausgebildet wird, die ersten 6 Monate der Station intensiver zu gestalten und im Gegenzug in den letzten 3 Monaten mehr Freiräume zu gestatten. Zwar ist es nach wie vor nicht möglich, die letzten 3 Monate vollständig freizustellen. Erforderlich ist jedenfalls ein Abschlussgespräch am Ende der 9 Monate. Alles Weitere ist der Absprache zwischen der ausbildenden Kanzlei und dem/der Auszubildenden überlassen.

Die Änderung soll in Kürze aufgenommen werden und damit ist absehbar, dass die Regelung in der Verwaltungspraxis wohl ab sofort gelten wird. Es ist sehr erfreulich, dass damit endlich eine Lösung für die Referendare und Referendarinnen gefunden wird, um deren nachvollziehbaren Wunsch nach mehr freier Lernzeit zu entsprechen. Auch für die ausbildenden Kanzleien bedeutet dies, dass sie beim Erstellen der Zeugnisse wahrheitsgemäß angeben können, wann welche Arbeit abgeleistet wurde.

Der genaue Wortlaut der geplanten Ergänzung unter II des Ausbildungsplanes soll lauten:

„Wird die Rechtsanwaltsstation bei einer einzigen Ausbildungsstelle abgeleistet, können im Einvernehmen zwischen der Ausbilderin/dem Ausbilder und der Rechtsreferendarin/dem Rechtsreferendar die in der praktischen Ausbildung zu erbringenden Leistungen auf die ersten sechs Monate der Station konzentriert werden, um der Rechtsreferendarin/dem Rechtsreferendar mehr Freiräume für die Selbstvorbereitung auf die schriftliche Prüfung einzuräumen. Eine eigenmächtige Verkürzung des Zuweisungszeitraums durch vollständige Freistellung der Rechtsreferendarin/dem Rechtsreferendar ist hingegen nicht gestattet.“

Kammerton 11-2020