Die Bundesrechtsanwaltskammer hat vom 22.09. – 6.10.2020 eine neue Umfrage zu den Auswirkungen der Coronakrise auf die deutsche Anwaltschaft durchgeführt und nun die Ergebnisse veröffentlicht. Von den etwa 167.000 bundesweit zugelassenen Kammermitgliedern haben sich an der 2. Corona-Umfrage knapp 6.850 beteiligt. Besonders stark beteiligt waren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus Niedersachsen (10,2%), Nordrhein-Westfalen (12,8%) und aus Baden-Württemberg (18,2%). Am stärksten war Berlin mit 1.510 Teilnehmern (22,2%) vertreten.
Der Anteil der Kolleginnen und Kollegen, die bundesweit – verglichen mit den 6 Monaten zuvor – über sehr viel weniger Mandate berichtet hatten, ist von der 1. Corona-Umfrage im April 2020 (50% weniger Mandate: 17,4 %; 75% weniger Mandate: 16,9%) zur 2. Corona-Umfrage im September/Oktober 2020 zurückgegangen (50% weniger Mandate: 10,1%; 75% weniger Mandate; 4,7%). Bezüglich der weniger starken Mandatsrückgänge waren die Angaben bei der 2. Umfrage dagegen etwas höher. Die bundesweiten Mandatsrückgänge fielen im Strafrecht, Insolvenzrecht, Schuld- und im Erbrecht besonders stark aus.
41,3 % der Berlinerinnen und Berlin (bundesweit: 40 %) gehen davon aus, erst innerhalb eines Jahres über die Einbußen hinwegkommen zu können. In der Hauptstadt rechnen 18,7 % (bundesweit 16,8 %) damit, erst binnen zweier Jahre die Einbußen überwunden zu haben. 11,1 % (bundesweit 12,2 %) teilen mit, die Mindereinnahmen überhaupt nicht überwinden zu können. Die bundesweiten Antworten zu dieser Frage sind skeptischer als die Antworten bei der ersten Corona-Umfrage im April 2020. An dieser ersten Umfrage hatte sich die RAK Berlin nicht beteiligt, da diese Umfrage sehr früh durchgeführt wurde.
Die Corona-Krise hat laut Umfrage dazu geführt, dass die Anwaltschaft bei der Beratung der Mandantinnen und Mandanten flexibler wurde und mehr Beratungen am Telefon oder per E-Mail durchgeführt hat. 65 %, der Umfrageteilnehmer aus Berlin (bundesweit: 62,2%) bestätigten, dass sie sich coronabedingt mehr mit der Digitalisierung beschäftigt hätten.
Die Umfrageergebnisse in Berlin entsprechen ungefähr den bundesweiten Ergebnissen. Ein etwas größerer Unterschied ergibt sich bei den Soforthilfen: Diese haben in Berlin 28,5% der Umfrageteilnehmer, bundesweit nur 21,3% beantragt. Auch bei der Bewertung der gerichtlichen Verfahren weicht Berlin etwas ab:
Mehr als die Hälfte der Berliner Befragten, 55,1 %, (bundesweit 47,2 %) gaben an, dass es bei Gerichtverfahren Verzögerungen von durchschnittlich mehr als acht Wochen gegeben habe. In Berlin gaben sogar 76% der Sozialrechtler, 69% der Straßenverkehrsrechtler und 65,6 % der Strafrechtler an, dass sich laufende Verfahren durchschnittlich um mehr als 8 Wochen verzögert hätten.
Die Umfrage zeigt, dass die Umstellung auf gerichtliche Verfahrenshandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragung nur selten beantragt und nur sehr selten durchgeführt wurde.
Die Bundesrechtsanwaltskammer hat die Umfrageergebnisse detailliert wiedergegeben.
Zu den Umfrageergebnissen in Berlin
Auf der Grundlage der Ergebnisse hat die BRAK in einer Presseerklärung vom 20.10.2020 ihre Forderungen zur Sicherung des Rechtsstaats bekräftigt und in Anbetracht der steigenden Infektionszahlen mit Nachdruck verlangt, dass die Gerichte auch in Krisenzeiten arbeitsfähig bleiben.