Fragen an RA Wolfgang Daniels, langjähriger Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses

Rechtsanwalt und Notar a.D. Wolfgang Daniels

Die Rechtsanwaltskammer ist zuständige Stelle für die Berufsbildung der Rechtsanwaltsfachangestellten (ReFa) und Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten (ReNoFa), § 71 Abs. 4 BBiG. In dieser Eigenschaft errichtet sie einen Berufsbildungsausschuss. Der Ausschuss ist in allen wichtigen Angelegenheiten der beruflichen Bildung zu hören und entscheidet über die Prüfungsordnung (§§ 77, 79 BBiG).

 

Kammerton: Herr Kollege, mit dem Ablauf der Amtsperiode in diesem Jahr wird Ihre Zeit im Berufsbildungsausschuss enden, dem Sie fast zwei Jahrzehnte, davon seit 2015 mehrere Jahre als Vorsitzender, angehörten. Wie kam es eigentlich damals zur Ihrem Engagement in diesem Ausschuss?

RAuNaD Daniels: Schon kurz nach Beginn meiner anwaltlichen Tätigkeit erlebte ich die zwingende Notwendigkeit, mit ausgebildeten ReFA’s/ReNoFA’s zusammenzuarbeiten. In der Folgezeit habe ich selbst regelmäßig ausgebildet. Häufig schien mir damals die erforderliche Unterstützung hierbei durch die RAK Berlin zu fehlen. Den Berufsbildungsausschuss kannte ich nicht. Die Berufsschule war nicht in meinem Fokus.

Eigene Bürovorsteherinnen haben mich – vor knapp zwei Jahrzehnten – dankenswerterweise auf den Ausschuss hingewiesen und mir empfohlen, mich dafür als Mitglied zur Verfügung zu stellen.

Da ich in der Zwischenzeit viele Jahre die Mitarbeit meiner ReFA’s/ReNoFA‘s in höchstem Maße zu schätzen gelernt hatte, und da wir gemeinsam auch weiterhin ausbilden wollten und regelmäßig ausgebildet haben, fand ich meine Mitarbeit im Berufsbildungsausschuss naheliegend und folgerichtig.

 

Wie hat sich im Lauf der Jahre thematisch die Arbeit im Berufsbildungsausschuss entwickelt?

Thematisch hat der Ausschuss sich zum einen ganz wesentlich mit den Ausbildungsinhalten und ihrer Vermittlung a) in den Kanzleien und b) in der Berufsschule beschäftigt. Zum zweiten konnte die Zusammenarbeit des Ausschusses mit dem Vorstand der RAK deutlich verbessert und intensiviert werden. Dies lag nicht zuletzt auch an den jeweiligen Ausbildungsbeauftragten des Vorstandes. Sie haben sehr aktiv und kontinuierlich mit uns im Ausschuss die Möglichkeiten erörtert, die der Ausschuss gegenüber dem Vorstand ausschöpfen konnte. Umgekehrt haben sie die Anliegen und Beschlüsse des Ausschusses im Vorstand mit Nachdruck vertreten. In dieser Zusammenarbeit ist es erfreulicherweise auch gelungen, – endlich – die Ausbildungsvergütungsempfehlungen des Vorstands deutlich zu erhöhen.

 

Dem Berufsbildungsausschuss gehören gemäß gesetzlicher Vorgabe Beauftragte erstens der Arbeitgeber (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte) und zweitens Beauftragte der Arbeitnehmer an. Hinzu kommen Lehrkräfte der berufsbildenden Hans-Litten-Schule. Wie bewerten Sie im Allgemeinen die Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen im Ausschuss und der beruflichen Ausbildung insgesamt?

Zu Beginn meiner Tätigkeit im Ausschuss, muss ich gestehen, war die Zusammenarbeit dort zwischen den Rechtsanwält:innen, Arbeitnehmer:innen und Lehrkräften der Berufsschule von Misstrauen, teilweise bis Desinteresse geprägt. Der Ausschuss tagte maximal 1x jährlich, Beschlussfähigkeit war jeweils knapp gegeben. Dank aktiver Mitarbeit verschiedener neuer Mitglieder im anwaltlichen und im nicht anwaltlichen Bereich hat sich dies erfreulicherweise ziemlich schnell deutlich geändert. Es folgte eine lange sehr gute Phase einer konstruktiven, wertschätzenden und aktiven Mit- und Zusammenarbeit aller drei Teilnehmergruppen. Dies ist erfreulicherweise im Prinzip bis heute so geblieben.

 

Welche Ereignisse würden Sie im Nachhinein als Höhepunkte Ihrer Amtszeiten ansehen?

Schwerpunktaufgaben – als „Höhepunkte“ würde ich dies nicht bezeichnen – waren zum einen die Neugestaltung der Ausbildungsordnung – ReNoPatAusbVO –. Es ging um den Versuch, das Berufsbild inhaltlich einigermaßen den neueren = aktuellen Anforderungen der Praxis anzupassen. Ganz wesentlich war hierbei die „Umstellung“ des bisherigen „Fachunterrichts“ in die Methodik des Lernens in „Lernfeldern“. Besonders die beteiligten Lehrkräfte der Hans-Litten-Schule haben dabei Unglaubliches geleistet. Der Ausschuss hat versucht, dies entsprechend zu unterstützen. Es war eine spannende Aufgabe.

Der zweite Schwerpunkt war tatsächlich die Diskussion um den Ausbildungsberuf des/der Notarfachangestellten – NoFA – . Die Diskussionen darum, besonders auch mit der Notarkammer, waren umfangreich, teilweise emotional und insoweit für die Arbeit im Ausschuss in dieser Zeit sehr prägend. Mehrheitlich war das Ende der Ausbildung zur ReNoFA befürchtet worden.

 

Mit Ihren Engagement im Ausbildungsbereich einher ging zeitweise auch Ihre Mitgliedschaft in der Schulkonferenz der Hans-Litten-Schule. Welche Themen standen hier aus Sicht der Rechtsanwaltschaft im Vordergrund und wie war allgemein Ihr Eindruck von der Aufgabenerfüllung der schulischen Berufsbildung?

Die Schulkonferenz ist „das oberste Beratungs- und Beschlussgremium“ (auch) der Hans-Litten-Schule (§ 75 Abs. 1 S. 2 SchulG). Sie hat umfangreiche Entscheidungs- und Anhörungsrechte. U. a. entscheidet sie über die Grundsätze der Verwendung der der Schule zur eigenen Bewirtschaftung zugewiesenen Personal- und Sachmittel (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 SchulG) sowie über alle wesentlichen Faktoren für den Schulalltag (z.B. auch Schul- und Evaluationsprogramm) – und über die Namensgebung für die Schule (aaO. Nr. 17). Mitglieder sind neben dem/der Schulleiter/-in, Vertreter:innen der Lehrkräfte, der Schüler:innen und – hier – je ein/-e Vertreter/-in der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmer:innen (§ 77 SchulG).

Als Vertreter des Vorstands der RAK habe ich – nachdem ich mich über die mir bis dahin unbekannten Aufgaben der Schulkonferenz sachkundig gemacht hatte …  – sehr viele Jahre an den ca. 4 x jährlich stattfindenden Konferenzen teilgenommen. Verständlich, dass die Neuorganisation der Ausbildung (s. o.) dort einen zentralen Raum einnahm. Zusätzlich ist es mir gelungen, vor einigen Jahren einen – seitdem mittlerweile 1 x jährlich stattfindenden – „Ausbilderabend“ zu initiieren, mit Lehrkräften und Ausbildenden. Er wird seitdem von allen Beteiligten hoch geschätzt. Zweimal habe ich auch an den in dieser Zeit durchgeführten „Schulinspektionen“ teilgenommen. Die Schule erhielt jeweils hervorragende Ergebnisse. Sie ist u. a. „Staatliche Europa-Schule Berlin“ (deutsch/englisch) mit einer Europaklasse in der Ausbildung zur ReFA sowie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Die Erfüllung der Aufgaben der schulischen Berufsbildung bewerte ich mit „stets zur vollsten Zufriedenheit“. Der Vorstand der RAK Berlin könnte gegenüber der Schule noch deutlich sichtbarer wertschätzend sein (z. B. ein „Antrittsbesuch“ der neuen Präsidentin in der nächsten Konferenz …?).

 

Wie sehen Sie die Zukunft der Ausbildungsberufe ReFa und ReNoFa in Berlin?

Die Zukunft der Ausbildungsberufe, insbesondere zur ReFA hängt ausschließlich von den Rechtsanwält:innen ab: Schwindet deren Wertschätzung für Ausgebildete weiterhin, wie es leider seit Jahren zu beobachten ist, trifft dies den Ausbildungsberuf insgesamt.

 

Was würden Sie der Rechtsanwaltskammer raten, um die Ausbildungszahlen wieder zu erhöhen?

Unterstützung durch die Gesetzgebung wird es wohl nicht geben: Der vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung und der Aus- und Weiterbildungsförderung“ (23.03.2023) wird jedenfalls für Berlin nichts ändern (können). Die vom neuen Senat von Berlin (erneut) angedachte „Ausbildungsplatzumlage“ (als Idee schon seit 1976) wird nicht so schnell Gesetz. Danach sollen Unternehmen einen festgelegten Betrag in einen gemeinsamen Fonds einzahlen, aus dem ausbildende Betriebe ihre Ausbildungskosten erstattet bekommen. Mir scheint jedoch der Kostenfaktor das geringste Hindernis für die Ausbildung in einer Kanzlei zu sein. Ich kann dem Vorstand der RAK Berlin nur raten, die empfohlene Bezahlung erneut zu erhöhen, und zwar regelmäßig = jährlich. Darüber hinaus könnten Befragungen in der Berufsschule stattfinden: Allein schon aus den Berichten der Schülervertreter:innen in der Schulkonferenz über den Umgang in den Kanzleien mit Auszubildenden ergäbe sich m. E. ein deutlicher Handlungsbedarf der Kammer. Auch die „Abbrecher“ sollten/könnten über die Gründe des Abbruchs deutlicher befragt werden.

Kammerton 06-2023