Sabine Krause, neu im Kammervorstand, antwortet

Rechtsanwältin Sabine Krause

Rechtsanwältin Sabine Krause ist seit 2004 zur Anwaltschaft zugelassen und seit 2010 Fachanwältin für Miet- und WEG-Recht. Neben ihrer beruflichen Selbständigkeit ist sie für ein Unternehmen der Hochsicherheitstechnologie im Außenwirtschaftsrecht tätig. Seit Mitte März 2023 gehört sie dem Kammervorstand an.


Warum sind Sie Rechtsanwältin geworden?

Ich bin Rechtsanwältin geworden, weil es nach meinem Referendarexamen in der Staatsanwaltschaft keine Stellen gab, und ich bin Rechtsanwältin geblieben, weil mich sofort die Begeisterung über diesen freien, vielfältigen und menschennahen Beruf gepackt hat. Diese Begeisterung hält bis heute an.

 

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?

Es sind die persönlichen Eigenschaften und beruflichen Qualitäten, die Willens- und Charakterstärke einiger Menschen, die mein berufliches Leben begleitet und die mich motiviert und geprägt haben. Dazu gehört ein ehemaliger Kollege, der mich als Junganwältin unterstützt hat, und auch Berufskollegen aus meinem familiären Umfeld.

Es gibt Kollegen, vor deren Mut und Durchsetzungsfähigkeit ich besondere Hochachtung habe, das sind z.B. Bernhard Docke und Heinrich Hannover.

 

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?

Durchsetzungsfähigkeit, Lösungsorientiertheit, den Blick aufs Wesentliche.

 

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?

Juristen, die sich nicht scheuen, einen klaren Standpunkt zu vertreten, und die die persönliche Stärke haben sich einzusetzen.

 

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?

Die Unabhängigkeit des Anwaltsberufs ist unabdingbar für die Rolle der Anwaltschaft im Rechtsstaat. Sie ist unser Anspruch und unsere Aufgabe.

In Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung halte ich die Kanzleipflicht in ihrer jetzigen Form nicht mehr für zeitgemäß.

 

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?

Ich möchte mich für die Modernisierung und die Nachwuchsförderung in der Anwaltschaft einsetzen. Daher engagiere ich mich in den Ausschüssen “Entwicklung der Anwaltschaft“ und „Öffentlichkeitsarbeit und soziale Medien“.

 

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?

Es ist mir ein Anliegen, neben der täglichen Arbeit auch im Kammervorstand die Zukunft der Anwaltschaft aktiv mitzugestalten. Meine Kinder sind fast erwachsen, ich bin noch jung, berufserfahren und mit Begeisterung im Berufsleben, warum nicht ehrenamtlich engagieren?

 

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?

Die ehrenamtliche Tätigkeit lässt sich mit guter Organisation gut in den Arbeitstag integrieren. Und es ist ja auch so, dass spannende Aufgaben, die dich bereichern, auch neue Energien generieren.

Die Frage nach dem konkreten Zeitaufwand kann ich bestimmt im nächsten Interview beantworten.

 

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?

Der oft stressige Berufsalltag, die hohe Verantwortung, die langen Arbeitszeiten, und auch wirtschaftlicher und Konkurrenzdruck können den Blick auf Wesentliches erschweren. Die Nachwuchsförderung ist in den letzten Jahrzehnten zu sehr aus unserem Blick geraten.

 

Nutzen Sie soziale Netzwerke?

Wenig. Ich selbst bevorzuge den persönlichen Kontakt. Das Thema ist aber ausbaufähig und wichtig auch für die moderne Öffentlichkeitsarbeit der Rechtsanwaltskammer.

 

Was macht Sie wütend?

Ignoranz, Intoleranz und Ungerechtigkeit.

 

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?

Interessante Frage. Wahrscheinlich wäre das eher kein Fachbuch.

 

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?

Die Flexibilität der Arbeitsorte, die Öffnung zur Digitalisierung und die Lockerung des Dresscodes.

 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?

Ein Tag, um etwas zu bewirken, was nicht am nächsten Tag umkehrbar wäre?

Ich wäre gern für einen Tag der Oberkommandeur eines Gefängnisses, in dem Menschen unter menschenrechtswidrigen Umständen festgehalten werden. Ich würde an diesem Tag die Tore öffnen und den Gefangenen ein rechtsstaatliches Verfahren ermöglichen. Dafür bräuchte ich allerdings viele solcher Rollentauschtage und viele Tauschpartner.

 

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?

Unterscheidungen zwischen Männern und Frauen habe ich selbst im Anwaltsberuf nie wahrgenommen. Ich persönlich fühlte mich stets genauso ernst genommen und fachlich geschätzt wie meine männlichen Kollegen.

Ich könnte die Frage auf die Herausforderungen beziehen, denen sich besonders Anwältinnen als Mütter oft ausgesetzt sehen. Der Vater meiner Kinder hat mir als junge Mutter so den Rücken gestärkt, dass ich als Junganwältin in Vollzeit tätig sein konnte. Das war vor 17 Jahren noch nicht selbstverständlich. Die Anwaltschaft steht flexiblen Arbeitsmodellen heute offener gegenüber und muss sich dafür noch weiter öffnen.

 

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?

Ich habe ein gutes Judiz, Durchsetzungsvermögen und Ausdauer. Ich übe mich darin, den Dingen, die ich nicht ändern kann, mit mehr Gelassenheit zu begegnen.

 

Ihr größter Flop?

Ich bin einmal in eigener Sache in einem sicher geglaubten Baurechtsstreit an Gericht und Gutachtern abgeprallt. Seitdem kann ich Enttäuschungen mancher Rechtssuchender noch besser nachvollziehen.

 

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?

Eine Sammlung von Radionachrichten verschiedener Sender und meine Tageszeitung.

 

Ihr liebstes Hobby?

Ich bin gern sportlich unterwegs, auf dem Handballspielfeld, im Ruderboot auf Berliner Gewässern, beim Wandern in der Natur. Bei der Gartenarbeit erhole ich meine Seele und bereichere mich durch die großartige Berliner Kulturlandschaft.

 

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Es gibt berufliche Weichenstellungen, die ich anders hätte nehmen können. Rückblickend ist das nicht relevant für mich.

 

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?

Die Empfehlung, bei schwierigen Entscheidungen zu hinterfragen, was das eigentliche Risiko einer vermeintlichen Fehlentscheidung ist. Dies hat fast immer geholfen, beruflich und privat.

Kammerton 06-2023