Sabine Fuhrmann, Präsidentin der RAK Sachsen, antwortet

Rechtsanwältin Sabine Fuhrmann

Rechtsanwältin Sabine Fuhrmann gründete 2011 in Leipzig die Rechtsanwaltskanzlei Spirit Legal und ist seitdem Managing Partner. Sie ist als Fachanwältin für Handels-und Gesellschaftsrecht im klassischen Unternehmensrecht zu Hause und Vorsitzende des Fördervereins Forum Recht e.V. Seit 2017 ist sie Mitglied des Vorstandes der RAK Sachsen und wurde im April 2021 zur Präsidentin gewählt.

Warum sind Sie Rechtsanwältin geworden?

Für das Jura-Studium habe ich mich eher durch Zufall eingeschrieben, so richtig überzeugt war ich von diesem Weg noch nicht und wollte es ein, zwei Semester ausprobieren und dann entscheiden, ob ich dabei bleibe. Die Entscheidung fiel dann schnell und schon mitten im ersten Semester – ich fand es spannend und wollte keinesfalls mehr wechseln. Während des Studiums habe ich sehr früh durch Praktika gemerkt, dass ich die Arbeit in einer Anwaltskanzlei am spannendsten fand – jedenfalls im Vergleich zum Gericht und zur Verwaltung. Deshalb war für mich schnell klar, dass es in diese Richtung gehen soll.

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?

Neben dem Studium und Referendariat habe ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin für eine Einzelanwältin gearbeitet. Ich habe von ihr sehr viel gelernt, nicht nur über das Recht, sondern vor allen Dingen über den Umgang mit den Mandanten. Kurz bevor ich zugelassen wurde, ging sie in Pension – und hat mir ihre Robe geschenkt. Ich trage diese Robe noch heute noch voller Dankbarkeit und auch als Talisman.

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?

Ausdauer, Sorgfalt, und innere Ausgeglichenheit.

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?

Wer gern kommuniziert, mit Menschen zu tun haben möchte, aber auch seine Gedanken geordnet zu Papier bringen kann und dabei unabhängig arbeiten möchte – ist aus meiner Sicht für den Anwaltsberuf geeignet.

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?

Nicht nur für notwendig, sondern für unerlässlich halte ich die Verschwiegenheitspflicht, die anwaltliche Unabhängigkeit und das Verbot der Interessenkollision; diese Core Values prägen den Anwaltsberuf und sollten vor weiterer Aufweichung bewahrt werden. Diese Werte unterscheiden uns von anderen Beratern und geben unserer Tätigkeit eine besondere Qualität.

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?

Wie alle Kammern steht auch die RAK Sachsen in nächster Zeit vor großen Herausforderungen: Die Umsetzung der BRAO-Reform und die Zulassung von Berufsausübungsgesellschaften ab dem 01.08.2022 rückt in greifbare Nähe. Eine weitere, andauernde Herausforderung ist es, die juristische Ausbildung attraktiv zu gestalten und AbsolventInnen für den Anwaltsberuf zu begeistern, denn unsere Mitgliederzahlen deuten auf einen Abwärtstrend hin. Und zu guter Letzt wird die voranschreitende Digitalisierung unser aller Arbeitsalltag zukünftig noch weiter verändern – dabei gilt es, die Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten.

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?

Mich hat ein damaliger Vizepräsident der RAK Sachsen angesprochen – am Tag des Fristablaufs für die Einreichung von Wahlvorschlägen für die Kammerwahl. Lange überlegt habe ich diesen Schritt nicht, doch bereut habe ich es auch nicht. Ich kann mir keinen besseren Beruf als den der Rechtsanwältin vorstellen. Und deshalb möchte ich, dass auch in Zukunft dieser Beruf auch in Zukunft attraktiv bleibt und vielleicht sogar noch attraktiver wird. Die Tätigkeit im Kammervorstand bietet die Möglichkeit, mich dabei aktiv einzubringen.

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?

In der Regel verbringe ich einen Tag pro Woche in der Rechtsanwaltskammer in Dresden, doch auch an den anderen Tagen finden Abstimmungen, Gespräche und inhaltliche Arbeit statt, hinzukommen Abteilungs- und andere Gremiensitzungen. Ich bin sehr dankbar, dass mir mein Team in der Kanzlei den Rücken freihält, damit ich dieser Aufgabe nachkommen kann.

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?

Es fehlt Zeit für Reflexion und dafür, aus dem Alltagstrott herauszutreten und das große Ganze zu betrachten, um an Strukturen und Arbeitsabläufen zu arbeiten und diese zu optimieren. Es fehlt auch Zeit für den Austausch mit Kollegen – und leider häufig auch für Fortbildung.

Nutzen Sie soziale Netzwerke?

Heute eher passiv, früher aktiver. Es ist für mich sehr faszinierend, dass es auf den unterschiedlichen Plattformen mittlerweile ausgeprägte RechtsanwältInnen-Netzwerke gibt, die sich fachlich auf einem sehr hohen Niveau zu aktuellen Rechtsfragen austauschen. Das ist ein echter Praxisaustausch, der eine gute Ergänzung zur rechtswissenschaftlichen Literatur darstellt.

Was macht Sie wütend?

Ressourcenverschwendung, egal ob Zeit, Material, Energie, was auch immer. Außerdem auch Unaufrichtigkeit und Unzuverlässigkeit. Wenn man sich nicht mehr ehrlich gegenübertritt, wenn man sich nicht mehr aufeinander verlassen kann, das ärgert mich sehr.

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?

„Die schlimmsten fachlichen Fehler in Anwaltsserien“ – der Inhalt erklärt sich hoffentlich von selbst.

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?

Die vergangenen zwei Jahre brachten einen erheblichen Digitalisierungsschub mit sich. Gerichtsverhandlungen nach § 128a ZPO, Mandantengespräche oder Gremiensitzungen per Videokonferenz – all das spart Reisezeiten und schont die Umwelt, es erleichtert den Arbeitsalltag sehr und schafft zeitliche Freiräume, die anderweitig genutzt werden können.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?

Ich habe jetzt wirklich sehr lange darüber nachgedacht – doch so richtig fällt mir keine Person ein. Ich verstehe das als gutes Zeichen, dass ich mit meinem Leben doch recht zufrieden bin.

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?

Um es kurz zu machen: Ja, noch. Männer hatten es leichter, doch langsam zieht in den Institutionen und auch Kanzleien eine neue Generation ein, für die Frauen mit Anwaltszulassung keine Besonderheit mehr sind. Doch Teilzeitfalle, Gender Pay Gap & Glass Ceiling gehören leider noch immer zum Arbeits-/Kanzleialltag.

Letztlich kann es nicht das Ziel sein, dass es der oder die eine es leichter hat als der oder die andere. Das Ziel sollte vielmehr eine echte Chancengleichheit sein – unabhängig vom Geschlecht.

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?

Als Stärke nehme ich meine hohe Belastbarkeit wahr, die zugleich eine Schwäche ist – weil sie mich oftmals davon abhält, eine ausgewogene Jura-Life-Balance zu erhalten.

Ihr größter Flop?

Es gibt da irgendwo ganz tief in der Schublade eine angefangene Promotion…

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?

Die Radio-App auf dem Handy wird als erstes gestartet, egal wie früh oder spät der Tag beginnt.

Ihr liebstes Hobby?

Lesen, lesen, lesen. Ich habe immer ein gutes Buch in der Handtasche, in jeder freien Minute steckt meine Nase in einem Buch.

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Keine. Jede Station, die ich bislang durchlaufen habe, hat mir wertvolle Erfahrungen beschert und mich bereichert. Insbesondere die Gründung der eigenen Kanzlei habe ich nicht bereut, auch wenn das gerade in den Anfangsjahren viel harte Arbeit war, es viele Hochs und Tiefs gegeben hat. Und Dinge, die man nicht bereut, sind immer richtig.

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?

Während des Referendariats verzweifelte ich in der Anwaltsstation über einer Akte, an den Sachverhalt kann ich mich nicht mehr richtig erinnern, es ging wohl um einen Verkehrsunfall, wir waren auf der Passivseite. Der Fall war aus meiner Sicht eindeutig, ich hatte nichts, wirklich gar nichts, was ich der Anspruchsstellung entgegenhalten konnte, der Mandant sah das naturgemäß anders. Es fiel mir sehr schwer, mir etwas aus den Fingern zu saugen. Da sagte mein Ausbilder einen Satz zu mir, der mir bis heute nicht nur in Erinnerung geblieben ist, sondern der mir in vielen Situationen bei Zweifeln sehr geholfen hat: Als Rechtsanwälte vertreten wir nicht Ansichten unseres Mandanten, sondern ihre Interessen.

Kammerton 06-2022