Wann und wie muss ich im beA signieren?

Von André Feske, Präsidiumsmitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin

 

Zur Frage: Wann brauche ich für den Versand eines Schriftsatzes aus dem beA eine qualifizierte elektronische Signatur?
Antwort: Es kommt darauf an.

Beispielfälle:

Fall 1:
Rechtsanwalt Schneller ist Einzelanwalt, ohne Mitarbeiter. Von seinem Mandanten hat er einen Rechtsmittelauftrag erhalten. Die Rechtsmittelschrift ist fertiggestellt. Er will sie aus seinem beA versenden. Die Rechtsmittelschrift enthält am Ende nur den Zusatz „Rechtsanwalt Schneller“.

Lösung:
Rechtsanwalt Schneller kann den Schriftsatz formwirksam (§ 130 d ZPO) ohne qualifizierte elektronische Signatur (qeS) einreichen. Er muss den Schriftsatz nur als PDF-Datei aus seinem beA absenden.

Fall 2: wie oben, aber:
Rechtsanwalt Schneller soll im Prozess auch eine nach materiellem Recht schriftformbedürftige (§ 126 Abs. 1 BGB) Willenserklärung (z.B.: Kündigung des Wohnraummietverhältnisses: § 568 BGB) für seinen Mandanten abgeben („Schriftsatzkündigung“).

Lösung: wie oben, aber:
Rechtsanwalt Schneller muss den Schriftsatz qualifiziert elektronisch signieren (qes).
Nur durch seine qualifizierte elektronische Signatur (qeS) wird das materiellrechtliche Schriftformerfordernis (§§ 568, 126 Abs. 1 BGB) gewahrt.

Fall 3: wie oben in Fall 1, aber:
Rechtsanwalt Schneller hat eine Rechtsanwaltsfachangestellte. Die fertige Rechtsmittelschrift soll seine ReFa für ihn an das Gericht absenden.

Lösung:
Rechtsanwalt Schneller muss den Schriftsatz vor dem Versand qualifiziert elektronisch signieren (qes). Wenn Rechtsanwalt Schneller den Versand aus dem beA nicht selbst erledigt, liegt kein Versand auf einem „sicheren Übermittlungsweg“ vor.

Merken: In der Welt des Elektronischen Rechtsverkehrs ist ein „sicherer Übermittlungsweg“ immer nur dann gegeben, wenn der Postfachinhaber den Versand seines Dokuments selbst vornimmt (den „Senden“-Button im beA betätigt).

Fall 4: wie oben in Fall 1, aber:
Nach Erteilung des Mandats hat RA Schneller eine Sozietät, die „Schneller & Besser GbR“, gegründet. Rechtsanwältin Besser soll sich in der Sozietät auch „um das beA kümmern“. In dieser „alten“ Sache von Rechtsanwalt Schneller ist sie vom Mandanten nicht mitbeauftragt.

Lösung:
Erledigt Rechtsanwältin Besser den Versand der von RA Schneller verfassten Rechtsmittelschrift, muss die Rechtsmittelschrift mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein.

Merken: Wenn Besser sich mit ihrem Zugangstoken auf der beA-Weboberfläche anmeldet, öffnet sie zwar ihr eigenes Postfach. Wenn sie dann aber Dokumente von Schneller im beA ansieht/bearbeitet, arbeitet sie (aufgrund ihr erteilter beA-Rechte) daran in einem (für sie) fremden Postfach (Postfach von Schneller). Ein Versand des Schriftsatzes durch Rechtsanwältin Besser wäre darum keiner auf einem „sicheren Übermittlungsweg“.

Handlungsalternativen:
1) Der Schriftsatz wird (im beA oder noch vor dem Hochladen) vor dem Versand von Schneller qualifiziert elektronisch signiert. Oder:
2) Das Büro ändert im Schriftsatz die einfache Signatur („Rechtsanwalt Schneller“) am Textende, in: „Rechtsanwältin Besser“. Dann bringt Rechtsanwältin Besser am Schriftsatz ihres Kollegen ihre eigene qualifizierten elektronischen Signatur an. Dann erst sendet sie (oder die Rechtsanwaltsfachangestellte) den Schriftsatz ab.
Mit Anbringung der eigenen qualifizierten elektronischen Signatur übernimmt Rechtsanwältin Schneller persönlich die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes. Einschränkende Zusätze („pro abs.“, „für den nach Diktat verreisten …“) sind darum (wie schon in der „Papierwelt“) wegzulassen.

Fall 5:
Die Sozietät „Rechtsanwälte Schneller & Besser“ hat ein Mandat akquiriert. Der Mandant erteilt Rechtsmittelauftrag. Schneller hat das Mandat akquiriert. Den Schriftsatz verfasst Besser.
Frage: Muss der Schriftsatz qualifiziert elektronisch signiert werden, ggf.: von wem?

Lösung:
Nur wer im Schriftsatz durch seine einfache Signatur (z.B.: „Rechtsanwältin Besser“ oder „Rechtsanwalt Schneller“) am Textende als verantwortlicher Verfasser erkennbar ist, kann diesen Schriftsatz aus seinem eigenen beA-Postfach selbst auch ohne die qualifizierte elektronische Signatur formwirksam versenden (wie Fall 1).
Merken: Ansonsten muss auch in Sozietäten qualifiziert elektronisch signiert werden (wie oben: Fall 2 bis 4).
Das gilt mindestens noch bis zum 01.08.2022 und wird sich erst ändern, wenn die BRAO-Novelle zum anwaltlichen Gesellschaftsrecht in Kraft ist und die Berufsausübungsgesellschaft „Schneller & Besser GbR“ auch über ein eigenes (gemeinsames) beA-Postfach verfügt.

Fall 6:
Besser und Schneller wollen am Ende einer arbeitsreichen Woche am Freitagmittag gemeinsam eine Fortbildungsveranstaltung in Präsenzform besuchen (Alternative: gemeinsam Segeln gehen). Die vom Büro bis Freitagmittag fertig nach Diktat gestellten Dokumente können beide darum nicht selbst versenden. Am Seminarort gibt es keinen Internetzugang.

Lösung:
Die vom Sekretariat fertig geschriebenen und mit ihrer einfachen Signatur („Rechtsanwältin Besser“) versehenen Schriftsätze wird Besser kurz vor Verlassen des Büros qualifiziert elektronisch signieren. Dasselbe gilt für Rechtsanwalt Schneller.
Das Hochladen in das beA, das Hinzufügen erforderlicher Anlagen und den Versand übernimmt dann nach der Mittagspause eine Büroangestellte (Rechtsanwaltsfachangestellte).
Hinweis: Dafür wird eine Zusatzsoftware benötigt, mit der Dokumente außerhalb des beA qualifiziert elektronisch signiert werden können.

Merken:
1) Eigene Schriftsätze müssen vor dem Versand nicht mehr ausgedruckt und von Hand unterschrieben werden (überflüssig!).
2) Eigene Schriftsätze sind am Textende mit der eigenen einfachen Signatur des Verfassers („Rechtsanwaltin Besser“) zu versehen.
3) Aus dem eigenen beA-Postfach können eigene Schriftsätze vom Postfachinhaber selbst ohne qualifizierte elektronische Signatur versandt werden.

Für alle anderen Anwendungsfälle gilt:
1) eine qualifizierte elektronische Signatur ist erforderlich.
2) Die qualifizierte elektronische Signatur muss der Berufsträger anbringen, der als Verfasser im Schriftsatz genannt ist (mit einfacher Signatur am Textende)
3) Soll nicht in der beA-Weboberfläche signiert werden, ist dafür eine Zusatzsoftware erforderlich.


Zur Umsetzung im beA:

Softwaretoken und VHN –  nur im eigenen Postfach möglich

Das beA erkennt den Benutzer bei Anmeldung und Versand

Will eine Postfachinhaberin Nachrichten auf „sicherem Übermittlungsweg“, gem. § 130a III 2. HS, IV Nr. 2 ZPO, (ohne qeS) aus dem eigenen beA-Postfach selbst versenden, kann die Anmeldung mit

  • der beA-Karte „Basis“ (1), oder
  • einem damit für die Postfachinhaberin selbst freigeschalteten, zusätzlichen Softwaretoken (2)

erfolgen.

Das beA erkennt in beiden Fällen die Anmeldung der Postfachinhaberin.

Wenn diese auch selbst sendet, erzeugt das beA für die gesendete Nachricht in beiden Fällen einen „vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis“ (VHN), der die Anbringung einer qeS entbehrlich macht.

 

Zusammenarbeit im beA, wer braucht was?

Kammerton 03-2022