Interview mit RAin Dr. Britta Konradt über ihre Arbeit als von der RAK eingesetzte Schiedsrichterin

Rechtsanwältin Dr. Britta Konradt

Kammerton: Frau Kollegin, Sie haben zunächst Biochemie und Humanmedizin vollständig studiert, erhielten Ihre Approbation als Ärztin, ehe Sie mit dem Jura-Studium begonnen haben. Wie kam es zu diesem Studium generale?

Dr. Britta Konradt: Ich beende einfach alles, was ich anfange. Die Biochemie war zunächst ein Parkstudium für die Medizin, welches ich dann – auch aus Interesse – abgeschlossen habe. Als Ärztin habe ich einen Patienten auf Grund eines Fehlers sterben gesehen und in Kursen im Bereich der forensischen Psychiatrie erste Erfahrung mit dem juristischen Denken gesammelt. Beides hat mich dazu bewegt, im Arzthaftungsrecht tätig sein zu wollen. Dafür war ein rechtswissenschaftliches Studium erforderlich.

 

Letztlich haben Sie sich für den Anwaltsberuf entschieden – welche Gründe waren hierfür ausschlaggebend?

Ich sehe mich als Dolmetscherin zwischen dem Patienten und dem Arzt; versuche mehr „Augenhöhe“ zwischen den Parteien herzustellen. Das Lesen in Patientenakten finde ich spannend. Das Abgleichen zwischen der Dokumentation und den Berichten des Patienten. Ich bin eine Analytikerin. Als Anwalt kann man viel gestalten. Zudem strebe ich nach selbstständigem Arbeiten.

 

Sie führen eine Kanzlei für Arzthaftungsrecht – ist hierbei aus Ihrer Sicht das medizinische Studium tatsächlich von elementarer Bedeutung? Und wie reagiert die Ärzteschaft auf die „Doppelrolle“?

Diese Qualifikation ist sicherlich nicht notwendig, aber ausgesprochen hilfreich. Manche Ärzte sehen mich als „Nestbeschmutzer“, wobei das zunehmend weniger wird. Sicher ist, dass die Ärzte, insbesondere die Sachverständigen, meist mir gegenüber ehrlicher in ihrer Beurteilung sind.

 

Sie wurden vor einiger Zeit vom damaligen Kammerpräsidenten Dr. Mollnau als Schiedsrichterin in einem intensiv geführten Streit um eine Praxisauseinandersetzung benannt. Nach § 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Vorstandes ist die Präsidentschaft für die Benennung von Schiedsrichterinnen zuständig, wenn der Rechtsanwaltskammer aufgrund privatrechtlicher Willenserklärung die Auswahl der Person überlassen wurde. Um was für einen Streit handelt es sich genau, der ja in ähnlicher Form auch in Anwaltskanzleien möglich wäre?

Primär handelte es sich um eine gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung unter besonderer Berücksichtigung der Ausübung des Arztberufs.

 

Was waren die ersten Schritte für eine Einigung?

Meine unwiderrufliche Bestellung zur Schiedsrichterin, deren Urteil unanfechtbar ist und somit den Zwang zu einer Einigung bedingt hat.

 

Wie groß war Ihr Arbeitsaufwand und wie lief das Verfahren ab?

Der Aufwand war immens. Aus einem zunächst bestehenden Rechtsstreit wurden vier. Die Parteien hatten sich zuvor mit einstweiligen Verfügungsverfahren „beglückt“. Alles musste gelesen werden; es waren einige Leitz-Ordner. Ein teilweises kursorisches Lesen verbietet sich als Richterin, da es objektiv unzureichend ist. Letztlich haben wir einen 5-seitigen Vergleich geschlossen, der vollstreckbar war.

 

Gibt es aus Ihrer Sicht Schlussfolgerungen für anwaltliche Berufsausübungsgemeinschaften, um ein solchen Streit zu vermeiden?

Ja, einen guten Gesellschaftsvertrag zu schließen, der im Streitfall alle Eventualitäten regelt. Und das ist erfahrungsgemäß schwer.

 

Was ist Ihr persönliches Fazit aus dieser erfolgreichen Vermittlung?

Ein Vergleich ist immer die beste Möglichkeit, aus einem Streit mit beidseitiger Befriedigung hervorzugehen.

Kammerton 05-2023