Corina Gräßer, neu im Kammervorstand, antwortet

RAin Corina Gräßer

Rechtsanwältin Corina Gräßer, LL.M., ist als Fachanwältin für Steuerrecht und als Mediatorin bei Mazars im Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht tätig. Seit dem 15. März 2023 ist sie Vorstandsmitglied der RAK Berlin.

 

Warum sind Sie Rechtsanwältin geworden?

Dieser Beruf ermöglicht es, sich im besten Sinne juristisch zu entfalten. Nicht nur die Abwehrberatung ist vielseitig und spannend, auch die Gestaltungsberatung bietet Raum, das erarbeitete Wissen kreativ anzuwenden. Die Kombination von rechtlicher Expertise einerseits sowie der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Bedürfnissen der Mandantschaft andererseits hat mich immer besonders interessiert. Das habe ich nie bereut und bin von Beginn an mit Begeisterung und Leidenschaft dabei.

 

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?

Maria Otto – die Zulassung als erste Anwältin in Deutschland 1922 hat sie sich hartnäckig und klug erkämpft.

 

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?

Kommunikation, Loyalität, Verbindlichkeit.

 

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?

Jedem Menschen, der Freude an der Vielfalt juristischer Tätigkeit hat und die Rechtswirklichkeit mitgestalten möchte.

 

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?

Notwendig ist unbedingt die Pflicht der Verschwiegenheit, aber auch das Gebot der Sachlichkeit. Gerade durch unsere Tätigkeit soll der Mandantschaft, die mitunter emotional betroffen ist, der Weg zur sachlichen Auseinandersetzung (wieder) geebnet werden. Ob es in Zeiten der Digitalisierung unbedingt einer Kanzleipflicht bedarf, wie sie momentan geregelt ist, finde ich indes fraglich.

 

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?

Mein Anliegen ist es, dem juristischen Nachwuchs die Freude an der anwaltlichen Tätigkeit zu vermitteln. Auch vor dem Hintergrund der Bedeutung von Diversity. Ich erachte unseren Beruf als Musterbeispiel dafür, dass es für jeden Menschen Entfaltungsräume gibt.

Aber auch für gestandene Anwältinnen und Anwälte kann es möglich sein, den Beruf an die jeweilige Lebenssituation anzupassen – sei es in Bezug auf Elternschaft oder auf die Pflege älterer Angehöriger.

Für dieses Verständnis unserer Tätigkeit möchte ich mich einsetzen.

 

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?

Die Verkammerung unseres Berufes bedarf des ehrenamtlichen Engagements. Das ist das Gegenstück zur Möglichkeit unserer Selbstverwaltung. Daran möchte ich gerne mitwirken und meinen Beitrag dazu leisten, dass wir als Anwaltschaft unabhängig sind.

 

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?

Dazu kann ich angesichts meiner kurzen Amtszeit noch nichts sagen. Bisher ist die Aufgabe aber sehr gut in meinem Berufsalltag sowie mein Familienleben als Mutter eines dreijährigen Sohnes integrierbar.

 

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?

Zum ehrlichen Austausch über Herausforderungen im Sinne einer guten Fehlerkultur.

 

Nutzen Sie soziale Netzwerke?

Aktuell ja, aber nicht sonderlich umfassend. Ich ziehe den persönlichen Kontakt einfach vor.

 

Was macht Sie wütend?

Ignoranz und Intoleranz.

 

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?

Der Bedeutung weiblicher Impulse in der Juristerei. Titel: „Unterschätzt“.

 

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?

Flexibilität durch Digitalisierung und Home-Office sowie Etablierung der Bedeutung von Vielfalt.

 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?

Mit Stefanie Reinsperger – die Darstellung des Bruscon in Bernhards „Der Theatermacher“ am Berliner Ensemble muss wahnsinnig sein.

 

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?

Puh, ich würde gerne verneinen, die Realität sieht aber vielerorts noch immer anders aus.

 

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?

Humor als Stärke – das hat mir schon oft geholfen. Eine Schwäche ist, dass es mir nicht leicht fällt, um Unterstützung zu bitten.

 

Ihr größter Flop?

Ich habe mal (einmal!) versucht, Tennis zu spielen – das war ein guter Moment, meinen Humor einzusetzen.

 

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?

Deutschlandfunk hören, Süddeutsche lesen – je nachdem, wie lange mein Sohn schläft.

 

Ihr liebstes Hobby?

Theater.

 

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Ich habe vor meiner Zulassung als Anwältin rund zwei Jahre als Assessorin gearbeitet. Heute würde ich sofort die Zulassung beantragen.

 

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?

Der Rat, zunächst einmal gut zuzuhören.

Kammerton 05-2023