Der iranische Kollege Amirsalar Davoudi ist Ludovic-Trarieux-Preisträger 2022

Von Vizepräsident und Menschenrechtsbeauftragter Bilinç Isparta

 

Die Rechtsanwaltskammer Bordeaux war im Anschluss an die Preisverleihung des Ludovic-Trarieux-Menschenrechtspreises 2021 an die Kollegin Feshta Karimi Gastgeber der Jurysitzung zur Auswahl und Ernennung des Preisträgers für das Jahr 2022.

Der Namensgeber des Menschenrechtpreises von Rechtsanwält:innen für Rechtswält:innen war selbst Präsident von 1877 – 1878 der Rechtsanwaltkammer Bordeaux, die alle Kammerpräsident:innen in dem Sitzungssaal auf Wandtafeln ehrt. Die Nennung der ehemaligen Präsident:innen der Rechtsanwaltskammer Bordeaux reicht dabei bis ins Jahr 1811zurück.

Unter den insgesamt 10 zur Wahl stehenden Kandidaten stachen insbesondere der ukrainische Kandidat Emil Kobardinov, der israelisch-palästinensische Kandidat Salah Hamouri sowie der iranische Kollege Amirsalar Davoudi hervor. Im 3. Wahlgang konnte der iranische Kollege Amirsalar Davoudi die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen und wurde durch die Jury zum Preisträger des Ludovic-Trarieux-Menschenrechtspreises 2022 gekürt. Nachdem bereits im Jahr 2018 der Ludovic-Trieux-Menschenrechtspreis der Kollegin Nesrin Sotoudeh verliehen wurde, ist dies nunmehr das zweite Mal, dass der Preis an einen iranischen Kollegen verliehen wird. Damit macht die Jury deutlich, dass sie die aktuellen Proteste im Iran in ihrem Streben nach mehr gleichberechtigter Teilhabe der Frauen in der Gesellschaft und mehr Freiheitsrechte berücksichtigt, für die der Kollege Davoudi sich in seinem anwaltlichen Wirken stets einsetzte. Die Preisverleihung würdigt nicht nur das besondere Engagement des Kollegen, sondern ist auch Ausdruck des Protests gegen staatliche und gerichtliche Willkür.

Amirsalar Davoudi trat als Anwalt vieler Menschenrechtsverteidiger vor iranischen Gerichten auf und war Leiter einer Telegram-Gruppe für iranische Anwälte, die sich wie er für die Durchsetzung der Freiheitsrechte seiner Mandanten stets einsetzte. Er wurde wegen Äußerungen, die er während der Berufsausübung tätigte, Ende 2018 insbesondere wegen Beleidigung des Obersten Führers und wegen Propaganda gegen den „Staat“ verhaftet und zu einer Gesamtstrafe von dreißig Jahren Gefängnis und 111 Peitschenhieben verurteilt.

Im Juni letzten Jahres wurde er wegen Unregelmäßigkeiten freigelassen, aber dreizehn Tage später erneut inhaftiert, um eine zehnjährige Haftstrafe im Evin-Gefängnis in Teheran zu verbüßen, wo er sich immer noch befindet.

Ferner hat die Jury die Warschauer Rechtsanwaltskammer als Kammer des Jahres ernannt. Damit wurde die besondere Arbeit der Kammer gegen die staatlichen Eingriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz gewürdigt.


Die Preisträger 2022 – der iranische Kollege Amirsalar Davoudi und die Warschauer Rechtsanwaltskammer:

Kammerton 11-2022