Die Präsidentin der RAK Düsseldorf antwortet

Rechtsanwältin Leonora Holling

Rechtsanwältin Leonora Holling hat nicht nur Jura studiert, sondern auch Psychologie. Seit 1994 ist sie in Düsseldorf zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und arbeitet auf dem Gebiet des Strafrechts und im Energiewirtschaftsrecht. Ehrenamtlich ist sie sehr vielfältig tätig, u.a. als Vorstandsmitglied im Düsseldorfer AnwaltVerein, als Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher und seit Ende 2020 als Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf.

 

Warum sind Sie Rechtsanwältin geworden?

Tatsächlich war zwar ein Beruf im Bereich des Strafrechts, aber nicht der Beruf Rechtsanwältin, zunächst meine erste Wahl. Ich bin Rechtsanwältin geworden, nachdem ich ein paar Monate – noch dazu in Berlin – die durch viele Restriktionen beengte Arbeit von Staatsanwaltschaften kennenlernen durfte. Dabei ist bei mir die Erkenntnis gereift, dass jeder eine adäquate Verteidigung verdient, egal ob sie oder er sich das finanziell leisten kann. Danach bin ich Rechtsanwältin im Bereich Strafverteidigung geworden.

 

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?

Ein großes Vorbild war für mich eine beeindruckende Kollegin aus Düsseldorf, die schon in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts trotz der damaligen Restriktionen ihren Beruf ausgeübt hat. Ich durfte sie im hohen Alter kennenlernen. Außerdem war das mein Altsozius, der mir alles beigebracht hat, was ich wissen musste und dem ich daher viel verdanke.

 

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?

Sachkompetenz, Integrität, wirtschaftliches Verständnis.

 

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?

Das kommt darauf an, ob man überhaupt und wenn ja, welche Art von Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt man sein will. Auf jeden Fall sollte man ein gutes Einfühlungsvermögen besitzen.

Wenn man geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten bevorzugt, ist der Anwaltsberuf nicht unbedingt geeignet. Die erforderlichen Skills in einer Großkanzlei unterscheiden sich zudem signifikant von denen in einer mittleren oder kleinen Kanzlei. Wer sich mit dem Gedanken trägt, in Zukunft Teil der Anwaltschaft zu werden, ist gut beraten, die ihm attraktiv erscheinende Kanzleigröße selbst zu testen.

 

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?

Ich glaube, dass wir niemals die anwaltliche Verschwiegenheit und die Unabhängigkeit der Anwaltschaft als freier Beruf aufgeben dürfen. Zu Letzterem gehört existenziell auch die anwaltliche Selbstverwaltung. Eine Anwaltschaft, die extern kontrolliert würde, kann ihre Aufgabe nicht mehr wahrnehmen. Wir sehen dies aktuell leider in vielen autokratisch regierten Staaten.

 

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?

Sehr profan um das beA und seine Funktionstüchtigkeit. Als örtliche RAK können wir leider nur die Beschwerden aus der Kollegenschaft entgegennehmen und vehement bei den Verantwortlichen adressieren. Mich betrübt, dass ich hier so wenig selbst ausrichten kann, aber ich werde in meinen Bemühungen nicht nachlassen. Außerdem finde ich es wichtig, das Tagesgeschäft der Kammer als Präsidentin zu begleiten.

 

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?

Wenn man es kurzfassen möchte, die Frage meines Alt-Sozius, dass man eine „junge, weibliche Kollegin“ für den Vorstand suche und ob ich breit sei, zu kandidieren.

Mir war aber schon damals, 2001, klar, dass die Rechtsanwaltskammern mehr weibliche Vorstände benötigten und deshalb habe ich ja gesagt.

 

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?

Mehr als ich mir eigentlich bei meinem Beruf als Rechtsanwältin wünschen würde. Ich bin mindestens zwei Mal die Woche für die Kammer unterwegs.

 

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?

Der Anwaltschaft fehlt eindeutig die Zeit für den kollegialen Austausch. Als ich Anwältin wurde, war eine Fortbildung im Berufsrecht nicht erforderlich, da man durch die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen das nötige Wissen im Berufsrecht vermittelt erhielt. Das galt übrigens auch für Tipps im Rahmen einer Mandatsbearbeitung.

 

Nutzen Sie soziale Netzwerke?

Ja, aber nur eingeschränkt. Ich bin bei LinkedIn und Xing persönlich. Derzeit engagieren wir uns als Kammer aber aktiv bei LinkedIn und Instagramm.

 

Was macht Sie wütend?

Diese Frage ist sicher beruflich gemeint und da lautet meine Antwort: nichts. Wir sollten als Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte professionell an alle Dinge heran gehen und einen kühlen Kopf bewahren. Wut bringt da nicht weiter.

 

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?

Ein gutes Thema wäre für mich eine Einstiegshilfe für junge Kolleginnen und Kollegen mit einem entsprechenden Titel.

 

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?

Ganz klar das mobile Arbeiten. Ich gehöre allerdings auch zu denjenigen, die in einer häuslichen Umgebung sehr kreativ sein können. Das kann man keinesfalls verallgemeinern.

 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?

Das ist eine sehr schwierige Frage. An bestimmten Tagen beneide ich aber meine Französische Bulldogge schon sehr…

 

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?

Das war sicher lange Zeit so, aber ich glaube, wie Frauen haben stark aufgeholt.

 

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?

Eine meiner Stärken ist sicher meine Beharrlichkeit. Ich kann manchmal ungeduldig werden, was ich als Schwäche ansehen würde.

 

Ihr größter Flop?

Tatsächlich habe ich einmal einem mir bestens bekannten Dolmetscher mein Auto verkauft und dann mein Geld nicht vollständig bekommen. Als Strafverteidigerin hätte mir das eigentlich nicht passieren sollen.

 

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?

Ich sehe die Nachrichten mit einer Tasse Kaffee im Frühstücksfernsehen.

 

Ihr liebstes Hobby?

Ich reise wahnsinnig gerne.

 

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Keine. Wir treffen die Entscheidungen in der Situation, weil sie uns dann richtig erscheint.

 

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?

Meine Ausbildungsleiterin beim LG Schweinfurt hat mir immer geraten, den Rechtsanwaltsberuf zu wählen. Ich wünschte, ich könnte ihr heute bestätigen, wie recht sie damit hatte.

Kammerton 10-2022