So vermeiden Sie im Urlaub die Haftungsgefahr beim beA

Das Arbeitsgericht Lübeck hat mit Verfügungen vom 10.10.2018 (Az. 6 Ca 2050/18) und vom 19.06.2019 (Az. 6 Ca 679/19) auf Fallstricke bei der Nutzung des beA in der Urlaubszeit hingewiesen.

Auch wenn eine Klage elektronisch bei Gericht eingereicht wird, muss der RA das gesetzliche Schriftformerfordernis erfüllen.

Die bei Einreichung auf herkömmlichem Weg erforderliche eigenhändige Unterschrift und physische Übergabe des Schriftsatzes können in der digitalen Welt des beA auf zwei verschiedene Weisen ersetzt werden: Entweder wird eine qualifizierte elektronische Signatur der verantwortenden Person an der Schriftsatzdatei angebracht. Der Versand der Schriftsatzdatei kann dann durch einen beliebigen Dritten erfolgen. Oder der Schriftsatz wird über einen „sicheren Übermittlungsweg“ (beA) mit einer einfachen Signatur der verantwortenden Person eingereicht. In diesen Fällen muss die verantwortende Person (der/die Postfachinhaber(in) die Schriftsatzdatei persönlich versenden.

Enthält die Klage den Namenszug eines Rechtsanwalts (einfache Signatur) und übermittelt ein anderer Rechtsanwalt über seinen eigenen beA-Zugang die Klage, ohne sie eigens qualifiziert zu signieren, so ist die Klage nicht wirksam bei Gericht eingegangen. Hierauf hat das Arbeitsgericht Lübeck am 10.10.2018 hingewiesen.

Die einfache Signatur und die Übermittlung des Schriftsatzes per beA erforderten Personenidentität, so dass sich in diesem Fall im Schriftsatz am Ende der Namenszug des übermittelnden Rechtsanwalts finden müsse.

Mit Hinweis vom 19.06.2019 hat dasselbe Arbeitsgericht auf Folgendes hingewiesen: Übergebe der vertretene Rechtsanwalt seinem Vertreter für die Vertretungszeit seine beA-Karte und seine PIN, spreche vieles dafür, dass die Einreichung eines Schriftsatzes durch den Vertreter über beA mittels beA-Karte und PIN des Vertretenen – also nicht über eine Mitarbeiterkarte – unwirksam sei.

Der vertretene Anwalt hatte einen Schriftsatz vorbereitet und beendet mit: „…(in seiner Abwesenheit unterzeichnet von B, Rechtsanwältin)“.Der Schriftsatz wurde sodann über den beA-Zugang des vertretenen Rechtsanwalts mittels dessen PIN ohne qualifizierte Signatur übersandt. Das Gericht stellte fest, dass auch hier die Übersendung an das Gericht daran krankte, dass keine Identität zwischen dem Übersender (beA-Account des Vertretenen) und der einfach Signierenden (Vertreterin) bestand. Gravierender sei aber die Weitergabe der persönlichen beA-Karte des Rechtsanwalts samt PIN an eine andere Person. Dies ist gem. § 26 Abs. 1 Rechtsanwaltsverzeichnis- und postfachverordnung (RAVPV) ausdrücklich verboten worden.

Wie können Kammermitglieder sich im Urlaub wirksam per beA vertreten lassen?

beA und Vertretung

Berufsrechtlich bestehen keine Bedenken dagegen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte einer Sozietät sich im beA gegenseitig zum Zugriff auf das Postfach berechtigen. Die Rechtevergabe an einen Kollegen funktioniert technisch aber nur dann, wenn sich auch dieser Kollege bereits erstregistriert hat, zu erkennen an dem Status „vollständig aktiv“:

Einrichtung (Berechtigung) des Vertreters im eigenen beA:

  • Rufen Sie dazu in den Einstellungen ihres beA unter der Überschrift „Postfachverwaltung“ die Benutzerverwaltung auf. Zur Rechtevergabe holen Sie sich zunächst das zu berechtigende Profil der Kollegin oder des Kollegen über die Befehle Suche und Benutzer im Postfach.
  • In der nachfolgenden Suchmaske füllen Sie mindestens ein Suchfeld aus, bei den Eingabefeldern geben Sie mindestens zwei Zeichen ein. Am sichersten ist es, von der Kollegin / dem Kollegen dessen SAFE-ID zu erfragen und nur nach dieser zu suchen. Die SAFE-ID können Sie auch über das bundesweite amtliche Anwaltsverzeichnis abfragen. Oder Sie geben die Vor- und Nachnamen sowie die RAK des Kollegen an.
  • Lösen Sie die Suche aus. Markieren Sie im Suchergebnis das zu berechtigende Profil. Klicken Sie oben auf den Button „Rechte-Zuordnungen eines Benutzers verwalten“. Im nachfolgenden Fenster sollte die SAFE-ID und/oder der Benutzername des zu berechtigenden Kollegen überprüft werden.
  • Klicken Sie anschließend oben auf den Button „Neues Recht zuordnen“. Wählen Sie Ihr Postfach aus, vergeben Sie spezifische Rechte (vgl. hierzu beA-Newsletter 10/2017) und in echten Vertretungsfällen legen Sie einen Gültigkeitszeitraum fest. Schließen Sie ab mit „Speichern und zurück“.
  • Schalten Sie nun noch das oder die Sicherungsmittel frei, mit denen sich der Kollege am beA anmeldet, damit er die Nachrichten auch entschlüsseln kann – in der Regel wird das die beA-Karte sein. Klicken Sie innerhalb der Postfachverwaltung dazu auf den Button „Sicherheitstoken freischalten“, wählen Sie den oder die Sicherheitstoken aus und wählen Sie den Button „Zertifikate freischalten“. Sie müssen nun mindestens einmal die PIN ihrer beA-Karte über die Tastatur des Computers oder über den Kartenleser eingeben.[1]

 

Damit können die so berechtigten Anwälte sich den Posteingang der Kollegen anzeigen lassen und ggf. die Vertretung übernehmen.

Sofern der sachbearbeitende Vertreter für seinen Kollegen einen Schriftsatz versenden muss, stehen – bezogen auf das beA – dafür zwei Übermittlungswege zur Auswahl: entweder aus dem eigenen Postfach (des Vertreters) oder (mit entsprechenden Rechten) aus dem Postfach des abwesenden, zu vertretenden Kollegen.

Wird das Postfach des vertretenen Kollegen für den Versand gewählt, muss bei Schriftsätzen auch nach dem 1.1.2018 weiterhin die qualifizierte elektronische Signatur des Vertreters angebracht werden. Die Vertretung kann also nur gelingen, wenn der Vertreter eine eigene Signaturkarte hat (z.B. die „beA-Karte SIGNATUR“).

Auch die Mitarbeiter im Sekretariat können zum Zugriff auf das Postfach der abwesenden Kolleginnen und Kollegen berechtigt werden, um eingehende Nachrichten kontrollieren und ggf. an den sachbearbeitenden Kollegen weiterleiten zu können. Vgl. hierzu BRAK_NL_4-2017 vom 25.01.2017.

beA und Bestellung eines Vertreters

Sobald die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt die Vertreterbestellung der Rechtsanwaltskammer anzeigt gem. § 53VI BRAO bzw. diese auf Antrag einen Vertreter bestellt gem. § 53 II 3 BRAO, wird der Vertreter auch im beA des Rechtsanwalts mit der Rolle eines Mitarbeiters angelegt und dazu berechtigt, die Nachrichtenübersicht zu öffnen. Der Vertretene kann weitere Rechte vergeben. In den Fällen, in denen der Anwalt etwa aufgrund eines schweren Unfalls an der Berufsausübung gehindert ist, bestellt die RAK im Bedarfsfall einen Amtsvertreter gem. § 53 V BRAO. Ihm kann der Zugriff auf das Postfach des Vertretenen nur mit dem Recht „Nachrichtenübersicht öffnen“ eingeräumt werden. Er muss sich unter Verweisung auf sein Amt an die Absender wenden und um erneute Übersendung in das eigene Postfach bitten. Weitere Informationen im BRAK_NL_12-2017 vom 22.03.2017.

Aktive Nutzungspflicht

Spätestens ab dem 01.01.2022 sind nach dem ERV-Gesetz alle Rechtsanwälte dazu verpflichtet, Dokumente den Gerichten elektronisch zu übermitteln.
Allerdings können die Bundesländer per Rechtsverordnung diese Nutzungspflicht von 2022 auf 2020 oder auf 2021 vorziehen. Schleswig-Holstein prüft nach einem Bericht von LTO vom 08.10.2019[2], für die Arbeitsgerichtsbarkeit die Nutzungspflicht auf den 01.10.2020 vorzuziehen.


beA-Fortbildungsveranstaltung der RAK Berlin am 26.11.2019

Die Rechtsanwaltskammer Berlin bietet am Dienstag, 26.11.2019, von 16.00 bis 19.00 Uhr, wieder das Seminar „Das beA im Büroalltag – ‚Pflicht und Kür´“, Referent: RA André Feske, Teilnahmegebühr für Kammermitglieder: 40,- €, an. Zur Anmeldung

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[1] Die Darstellung im beA-Newsletter 16/2018 vom 07.09.2018 unter „Gleich mal Rechte für den Anwalt“, an die sich die Beschreibung hier der Rechtevergabe anlehnt, enthält noch die passenden Abbildungen auf dem beA und beschreibt zudem, wie die Rechte wieder entzogen werden können.

[2] „Elektronischer Rechtsverkehr: Fangen die Arbeitsgerichte in Schleswig-Holstein früher an?“

Kammerton 10-2019