RA Patrick Kirner, neu im Kammervorstand, antwortet

RA Patrick Kirner ist seit 2002 als Rechtsanwalt zugelassen und seit 2017 Fachanwalt für Strafrecht. Seine Schwerpunkte liegen im Betäubungsmittel- und im Wirtschaftsstrafrecht. Er ist Mitglied der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger*innen e.V. und des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins. 2023 wurde er erstmals in den Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin gewählt.
Warum sind Sie Rechtsanwalt geworden?
Mir war schon während des Studiums und insbesondere nach dem Referendariat klar, dass ich nach meiner juristischen Ausbildung nicht in einer Behörde arbeiten wollte. Da ich mich von Beginn meiner praktischen Tätigkeit sehr für das Strafrecht interessiert habe, bin ich letztlich Strafverteidiger geworden. Vor über zwanzig Jahren war es jedoch nahezu unmöglich, als junger Strafverteidiger eine Anstellung zu finden, weshalb ich mich selbstständig gemacht habe. Dieser Weg war anfangs etwas steinig, ich bereue aber nicht, dass ich ihn eingeschlagen habe.
Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?
Ich tue mich schwer, hier den “einen“ Namen zu nennen. Ich habe schon zu vielen Kollegen/-innen aufgeschaut und habe mich für die Art und Weise, das Können und den Nachdruck, mit dem sie verteidigt haben, begeistert und viel von solchen Menschen gelernt. Vorbildlich sind Kollegen und Kolleginnen, die sich mit all ihrem Können und mit der notwendigen Beharrlichkeit für die Durchsetzung der Rechte ihrer Mandanten/-innen einsetzen.
Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?
Ich halte es für wichtig, dass man seinen Mandanten gut zuhört. Denn unser Berufsstand neigt leider häufig dazu, zu früh und zu stark ein Gespräch an sich zu ziehen. Ich bin leider selbst nicht immer frei davon, da auch ich ab und an dem Trugschluss erliege, dass ich diesen Sachverhalt ja so oder zumindest so ähnlich bereits gehört habe.
Daneben halte ich es für sehr wichtig, dass man in Gesprächen seinem Gegenüber mit Empathie begegnet. Dies ist gerade als Strafverteidiger meines Erachtens von herausragender Bedeutung, da die Mandanten/-innen häufig emotional sehr aufgewühlt sind.
Und schließlich meine ich, dass eine Anwältin/ein guter Anwalt eine gewisse Ausdauer im Mandat mitbringen muss. Denn es ist wichtig, gerade auch bei umfangreicheren Verfahren, nicht die Lust am Mandat zu verlieren.
Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?
Da es den Anwaltsberuf in vielen Ausgestaltungen gibt, traue ich mir nicht zu, hier allumfassend Ratschläge zu erteilen. Da die Sparte des Strafverteidigers bzw. der Strafverteidigerin eine sehr eigene im Anwaltsberuf ist, sollte man für diesen Beruf, neben den zuvor genannten Eigenschaften, jedenfalls Standhaftigkeit, Durchsetzungsvermögen und sicherlich auch ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit mitbringen.
Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?
Ich halte die Vorschriften im Geldwäschegesetz, welche der Anwaltschaft Aufgaben zuschreibt, die diese eigentlich nicht wahrnehmen sollte, teilweise für unpraktikabel. Hier wird ein Keil zwischen Anwalt/-in und Mandant/-in getrieben, der das Vertrauensverhältnis teilweise konterkariert.
Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?
Ich bin neben meiner Dezernatsarbeit gegenwärtig in zwei Ausschüssen tätig. Insbesondere unsere Tätigkeit im Ausschuss “Zukunft der Anwaltschaft“ ist meines Erachtens vor dem Hintergrund der rückläufigen Zahlen, derer, die diesen Beruf ergreifen, wichtig. Ein Augenmerk darauf zu legen, dass jungen Menschen die Attraktivität des Anwaltsberufs vorgestellt und nähergebracht werden, ist von wesentlicher Bedeutung. So kann die Rechtsanwaltskammer dazu beitragen, dass wir auch in Zukunft auf genügend Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zurückgreifen können.
Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?
Ich habe es viele Jahre als selbstverständlich empfunden, dass die Rechtsanwaltskammer sich um unsere Belange kümmert. Für mich war mit der Zahlung meines jährlichen Kammerbeitrags mein “Beitrag“ erledigt und abgegolten. Letztlich hat mich mein Bürokollege, Hannes Honecker, ermuntert, für diese Ehrenamt zu kandidieren. Und ich bereue nicht, dass ich dies gemacht habe. Denn ich lerne dadurch, dass es eben gerade keine Selbstverständlichkeit ist, dass sich Kollegen und Kolleginnen neben ihrem Berufsalltag, um die Belange der Anwaltschaft kümmern und sich dafür einsetzen. Ich persönlich lerne hierdurch viel hinzu.
Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?
Da ich erst vor wenigen Monaten in den Vorstand gewählt wurde, brauche ich gegenwärtig sicherlich noch etwas länger für die Bearbeitung der Akten, weil mir die Routine fehlt und ich auch die eine oder andere berufsrechtliche Vorschrift und/oder die Kommentierung durchlese. Mir bleibt aber noch genug Zeit, um meine “normale“ Arbeit zu erledigen und meiner Freizeit nachzugehen.
Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?
Für mehr kollegialen und freundschaftlichen Austausch. Denn nach meiner Ansicht lernt man im beruflichen Alltag hierdurch viel mehr und schneller, als wenn man sich alles im stillen Kämmerlein selbst erarbeitet.
Nutzen Sie soziale Netzwerke?
Ja, aber ziemlich sparsam. Ich nutze lediglich seit einigen Jahren LinkedIn. Ansonsten fühle ich mich, was den gesellschaftlichen, kommunikativen Austausch angeht, eher in der “analogen“ Welt zu Hause.
Was macht Sie wütend?
Staatsanwälte/-innen und Richter/-innen, die sich kein Jota aus ihrem langjährig “erarbeiteten“ Denkkorsett bewegen und somit lediglich auf Verurteilungskurs sind, ohne sich auch nur ansatzweise auf alternative, von der Verteidigung präsentierte Szenarien einzulassen. Allgemein gesprochen: Engstirnig denkende Menschen machen mich wütend.
Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?
Um ein Buch zu schreiben, müssen bei mir noch ein paar Jahre ins Land gehen. Wenn es soweit ist, werde ich aber allen Interessierten rechtzeitig das Erscheinungsdatum und den Titel bekanntgeben.
Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?
Die elektronische Akte im Anwaltsberuf. Denn ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich vor noch nicht allzu langer Zeit häufig mit mehreren Aktenordnern zu Hauptverhandlungsterminen angereist bin. Dies habe ich ausnahmslos als mühselig empfunden. Bei der Vorbereitung von Terminen drucke ich mir ab und zu jedoch auch nochmal wichtige Dokumente aus und die Finger von Post-its kann ich auch nicht ganz lassen. Ich meine, dass diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die nicht von Beginn an in der gegenwärtig als normal empfundenen digitalen Welt aufgewachsen sind, ab und zu auf das analog Erlernte zurückgreifen wollen/müssen.
Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?
Mit Steffen Baumgart an einem Samstag um 15:30 Uhr, wenn es im Derby gegen Mönchengladbach geht. Ich kann und will es nicht leugnen: Ich bin Fan vom 1. FC Köln.
Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?
Ich meine schon, dass das heute immer noch so ist. Allein die Daten sprechen hier für sich. Denn Strafverteidigerinnen gibt es deutlich weniger als Strafverteidiger. Dass eine Männerdominanz im Beruf für Frauen Nachteile mit sich bringt, ist so und leider immer noch gegenwärtig. Ich habe aber das Gefühl, dass in diesem Berufsfeld in den letzten Jahren eine positive Tendenz, zu einem etwas ausgewogeneren Bild festzustellen ist.
Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?
Zu meinen Schwächen gehört sicherlich, dass ich im Büroalltag zu wenige Aufgaben abgebe, was ab und zu im Ergebnis zu einer Überlastung bei mir führt.
Es fällt mir schwer, meine eigenen Stärken herauszustellen, dass sollen lieber andere für mich machen. Aber ich meine, dass ich bei all den Herausforderungen und Belastungen, die mein Berufsalltag auch mit sich bringt, ich jedenfalls bisher meine Fröhlichkeit nicht verloren habe.
Ihr größter Flop?
Fällt mir nicht ein. Aber es gab in meinem bisherigen Berufsleben bereits unzählige Peinlichkeiten und Niederlagen, die ich einstecken musste. Ich bin mir aber sicher, dass ich hieraus mehr gelernt habe, als aus den “Erfolgen“.
Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?
Ich höre morgens immer radioeins zu Hause oder wenn ich mal Auto fahre auch mal Inforadio.
Ansonsten lese ich die Süddeutsche Zeitung und Spiegel-Online.
Ihr liebstes Hobby?
Immer noch Skateboardfahren, wobei dies mit zunehmendem Alter abnimmt. Ansonsten spiele ich ab und zu auch Disc- bzw. Frisbee-Golf.
Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?
Ich hätte mich noch früher und intensiver auf die Strafverteidigung konzentrieren sollen, was ich in den ersten Jahren meiner Selbstständigkeit leider deshalb nicht geschafft habe, da ich auch Mandate aus anderen Rechtsgebieten angenommen habe, um ein gesundes und wirtschaftliches Auskommen zu haben.
Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?
Nicht aufzugeben, trotzdem nicht starr geradeaus zu schauen, an sich selbst und an den beruflichen Erfolg und die berufliche Erfüllung zu glauben.