Bericht von der Tagung der RAK-Gebührenreferenten

1. Überblick über gebührenrechtliche Entscheidungen und gesetzliche Neuerungen aus der jüngeren Vergangenheit

Die Gebührenreferenten erörterten aktuelle Gerichtsentscheidungen, die von Relevanz für die Rechtsanwaltschaft sind. Das OLG Düsseldorf hat im Hinweisbeschluss vom 23.11.2021 (Az.: 24 U 355/20) auch den Betriebskostenaufwand als entscheidend für die Höhe des Stundensatzes angesehen. Die Angemessenheit eines anwaltlichen Stundensatzes hängt u. a. von der Kostenstruktur der jeweiligen Anwaltskanzlei ab. Darüber hinaus ist ein Gericht aus eigener Sachkunde unter Anwendung des § 287 ZPO in der Lage, den Zeitaufwand anwaltlicher Tätigkeit zu schätzen.

Nach dem Beschluss des BGH vom 27.07.2021 (Az.: 6 StR 307/21) umfasst die Bestellung eines Pflichtverteidigers auch die Vertretung im Adhäsionsverfahren. Der Beschluss v. 24.01.2022 des OLG Brandenburg (Az.: 1 Ws 108/21 (S)) über die Erstattung der Gebühren des Wahlverteidigers für Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren aus der Staatskasse stand ebenfalls zur Diskussion.

Für die Frage, ob bei einer vereinbarten Vergütung ein für Sittenwidrigkeit sprechendes Missverhältnis vorliegt, ist auch der nach dem Anwaltsvertrag geschuldete tatsächliche Aufwand, der Umfang und der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. (OLG München, Urt. v. 02.02.2022, Az.: 15 U 2738/21 Rae).

Die Gebührenforderung eines Rechtsanwalts aus einer Erfolgshonorarvereinbarung kann bereits dann durch einen Arrest gesichert werden, wenn die Parteien über den Gegenstand des Rechtsstreits einen materiell-rechtlichen Vergleich geschlossen haben. Einer gerichtlichen Feststellung des Vergleichs durch Beschluss bedarf es nicht. Dass der Partei Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, steht einer Erfolgshonorarvereinbarung nicht entgegen. (OLG Dresden, Beschl. v. 01.03.2022 – 4 W 3/2022).

Des Weiteren umfasste der Rechtsprechungsüberblick den Beschluss des OLG Düsseldorf v. 08.01.2019 – 24 U 84/18 (Sittenwidrigkeit einer Vergütungsvereinbarung), das Urteil des OLG München  v. 05.06.2019 – 15 U 318/18 (Fünfzehnminutentaktklausel), das Urteil des BGH v. 13.02.2020 – IX ZR 140/19, AGS 2020, 161 (Unwirksamkeit von Vergütungsvereinbarungen), das Urteil des BGH v. 29.10.2020 – IX ZR 264/19, AnwBl. 2021, 47 (Begriff der „gebührenrechtlichen Angelegenheit“), und das Urteil des OLG Düsseldorf. v. 16.12.2010 – I-24 U 96/10 (Verrechnungsvereinbarung als Vergleich oder selbstständiges Schuldanerkenntnis).

 

2. Erfolgshonorarvereinbarungen gem. § 4a RVG und die Folgen der vorzeitigen Mandatsbeendigung

Die Gebührenreferenten befassten sich mit den Folgen der vorzeitigen Mandatsbeendigung bei Erfolgshonorarvereinbarungen gem. § 4a RVG und den Möglichkeiten der Geltendmachung eines entstandenen Honoraranspruchs. Dieser kann durch vertragliche Klauseln gesichert werden, wobei darauf zu achten ist, dass die freie Kündbarkeit des Mandats nicht dadurch vereitelt wird.

 

3.  Bewertung von Inkassoabrechnungen

Die Gebührenreferenten kritisierten die in Nr. 2300 VV RGV enthaltene Regelung, nach der eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Ist Gegenstand der Tätigkeit eine Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft, kann eine Gebühr von mehr als 0,9 nur gefordert werden, wenn die Inkassodienstleistung besonders umfangreich oder besonders schwierig war. Dass eine Gebühr von 0,5 anfalle, wenn die Forderung auf die erste Zahlungsaufforderung hin beglichen wird, und der Schuldner durch die Zahlung auf die Gebühr Einfluss nehmen kann, wurde ebenfalls beanstandet. Es ist unklar, wie mit dieser Regelung in der Praxis umgegangen werden soll. Die Gebührenreferenten werden sich weiter mit dieser Regelung auseinandersetzen und die Entwicklung der Rechtsprechung dazu verfolgen.

 

4.  Neuregelung der Anrechnung in § 58 Abs. 2 Satz 2 RVG

58 Abs. 2 Satz 2 RVG wurde geändert. Vor der Änderung konnten Zahlungen des Mandanten in Prozesskostenhilfeangelegenheiten auf die Prozesskostenhilfegebühren verrechnet werden. Nach neuer Rechtslage werden Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten hat, auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung angerechnet.


5.
  81. und 82. Tagung der Gebührenreferenten

Die 81. Tagung wird auf Einladung der RAK Oldenburg am 24.09.2022 stattfinden. Die 82. Tagung wird von der RAK Hamm ausgerichtet.

Kammerton 09-2022