Die Beendigung des Mandatsverhältnisses

Mandatsbeendigung

Ein Mandatsverhältnis kann durch Zweckerreichung enden, durch einvernehmliche Beendigung, durch Kündigung durch den Mandanten oder durch die Niederlegung des Mandats durch den Anwalt  (Antje Jungk in AnwBl. 2011, S. 62 ff.). Eine Beendigung durch Zweckerreichung liegt dann vor, wenn die Aufgabe des Anwalts erfüllt ist, d.h. von ihm keine weiteren Handlungen zur Erfüllung des Auftrags mehr zu erwarten sind. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wann ein Mandat endet, das nicht ausdrücklich gekündigt wurde (BGH, B.v. 13.11.2008,  IX ZR 24/06, Rn. 2: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=10f9da0a3faea9dbd4d96373224b2605&nr=46112&pos=0&anz=1). Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, weshalb sie der Gegenseite zugegangen sein muss, um wirksam zu werden. Mit Zugang wird die Kündigung im Innenverhältnis gegenüber dem Vertragspartner wirksam (Weyland, BRAO-Kommentar, 10. Aufl., § 44 Rn. 39). Sofern das zivilrechtliche Mandatsverhältnis beendet wurde, ist damit nicht zwangsläufig auch das Prozessrechtsverhältnis beendet.

Ist der Mandant für den Anwalt nicht mehr erreichbar, darf eine Kündigungserklärung jedenfalls nicht öffentlich zu gestellt werden, da dies gegen die Verschwiegenheitspflicht gem. § 43a Abs. 2 BRAO, § 2 BORA verstoßen würde. Aus dem gleichen Grund darf ein dem Mandanten ggfs. noch zustehender Fremdgeldbetrag auch nicht bei der Hinterlegungsstelle hinterlegt werden, sondern ist auf dem Anderkonto zu verwahren.

 

Prozessverhältnis und Zustellungsbevollmächtigung

Mit der Beendigung des Mandatsverhältnisses enden zwar die vertraglichen Pflichten, im Anwaltsprozess bleibt der Anwalt jedoch so lange zustellungsbevollmächtigt, bis ein neuer Anwalt sich gegenüber dem Gericht meldet (§ § 87 Abs. 1 ZPO; BGH, B.v. 25.01.2011, VIII ZR 27/10: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=3166f37b1fd1ff7782396779bdea5aec&nr=55227&pos=0&anz=2). Im Parteiprozess kann ein Anwalt nach § 87 Abs. 2 ZPO weiterhin wirksam Zustellungen für die Partei entgegennehmen. Im Hinblick auf diese ggfs. noch nach Mandatsbeendigung erfolgenden Zustellungen ist zu beachten, dass diese prozessrechtlich als ordnungsgemäß anzusehen sein dürften (Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 6. Aufl., § 14 BORA Rn. 16; Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl., § 14 BORA Rn. 4, 7).

 

Beiordnung/Prozesskostenhilfe

Ist ein Anwalt dem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet, reicht die Kündigung des Mandatsverhältnisses nicht aus, um die Beiordnung zu beenden. Hierfür ist vielmehr das Vorliegen eines wichtigen Grundes und ein Antrag des Anwalts auf Aufhebung der Beiordnung erforderlich (OLG Bamberg, B.v. 21.06.1989, 2 WF 139/89; OLG Zweibrücken, B.v. 02.02.1998, 5 UF 56/97; über juris). Wird die Beiordnung nicht aufgehoben, muss der Anwalt den Mandanten auch im Nachprüfungsverfahren vertreten, er darf das Mandat nicht auf das Hauptsacheverfahren beschränken (LAG Köln, B.v. 30.04.2019, 1 Ta 17/19, über juris). Eine derartige Beschränkung kann nur der Mandant selbst vornehmen (LAG Köln, aaO, Rn. 17).

 

Berufsrechtlich zu beachten

In berufsrechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass die Niederlegung des Mandats nicht bewusst zur Unzeit erfolgen darf, d.h. dass dem Mandanten ausreichend Zeit zur Verfügung stehen muss, einen anderen Anwalt beauftragen zu können (§ 43 BRAO i.V.m. § 671 Abs. 2 BGB). Spätestens mit Beendigung des Mandats muss gemäß § 23 BORA über Honorarvorschüsse unverzüglich abgerechnet und ein sich aus der Abrechnung ergebendes Guthaben ausgezahlt werden. Die Handakten sind gem. § 50 BRAO nach Mandatsende aufzubewahren (https://www.rak-berlin.de/kammerton/ausgaben/ausgabe/ausgabe-06-07-2019/anwaltliche-handakten-was-ist-zu-beachten-%c2%a7-50-brao-und-%c2%a7-17-bora/).

 

Honoraransprüche

In § 628 Abs. 1 S. 1 BGB ist für den Fall einer Kündigung des Mandats durch den Mandanten geregelt, dass der Anwalt Anspruch auf einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung hat. Dieser Anspruch entfällt gem. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn der Anwalt die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten seinerseits veranlasst hat, soweit seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Mandanten kein Interesse mehr haben (OLG Köln, B. v. 17.01.2018, 5 U 94/17, Rn. 2, juris). Zu beachten ist darüber hinaus, dass ein Anwalt seinen Vergütungsanspruch verlieren kann, wenn er in einem schwierigen Mandatsverhältnis seinem Mandanten bei Nichtzahlung eines Vorschusses vor der Kündigung keine Kündigungsandrohung unter Verdeutlichung der Folgen zukommen lässt (LG Bremen, U. v. 29.05.2020, 4 S 102/19, juris).

Aus § 628 Abs. 1 BGB ergibt sich im Falle der Mandatsniederlegung durch den Anwalt sein Anspruch auf einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung, wenn der Mandant sich vertragswidrig verhalten hat.

 

Kammerton 08/09-2020