Geplante Gebührenerhöhung bleibt deutlich hinter der Preisentwicklung zurück
Das Bundesjustizministerium hat am 17.06.2024 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts (Kostenrechtsänderungsgesetz 2025 – KostRÄG 2025) vorgelegt. Der Gesetzentwurf sieht lineare Gebührenerhöhungen und strukturelle Änderungen vor. Dem Entwurf gingen nach Angaben der BRAK zähe Verhandlungen des Bundesjustizministeriums mit den Bundesländern voraus. Der Vorstand der RAK Berlin hat sich in der Vorstandssitzung am 10.07.2024 mit dem Referententwurf befasst und eine Stellungnahme abgegeben.
Fragen an Präsidiumsmitglied Kati Kunze, Vorsitzende der Gebührenabteilung II der RAK Berlin:
Welche linearen Erhöhungen sieht der Referentenentwurf für die Anwaltschaft vor?
Der Gesetzesentwurf sieht eine einmalige Anpassung der Betragsrahmen- und Festgebühren um 9 % und der Wertgebühren um durchschnittlich 6 % vor.
Welche Anhebung von Verfahrenswerten soll es nach dem Gesetzentwurf geben?
Die Verfahrenswerte in Kindschaftssachen, Gewaltschutzsachen und Abstammungssachen werden um jeweils 1.000,00 Euro angehoben.
Der Verfahrenswert für Kindschaftssachen (§ 45 FamGKG) soll zukünftig 5.000,00 Euro betragen; der Verfahrenswert für Abstammungssachen (§ 47 FamGKG) 3.000,00 Euro; der Verfahrenswert in Ehewohnungssachen (§ 48 FamGKG) 4.000,00 Euro sowie der Verfahrenswert in Gewaltschutzsachen (§ 49 FamGKG) nach § 1 Gewaltschutzgesetz 3.000,00 Euro und in Gewaltschutzsachen nach § 2 Gewaltschutzgesetz 4.000,00 Euro
BRAK und DAV hatten gefordert, die PKH- und VKH-Gebühren anzuheben. Hatte dies Erfolg?
Leider nur zum Teil. BRAK und DAV hatten eine Anhebung der Grenze in § 49 RVG auf 5.000,00 Euro Gegenstandswert sowie der Kappungsgrenze auf „über 100.000,00 Euro“ gefordert. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Grenze in § 49 RVG bei 4.000,00 Euro bleibt. Dafür soll die Gebühr in der Wertstufe bis 5.000 Euro zukünftig erhöht werden von bisher 85 % der Wahlanwaltsgebühr auf 90 %. Die Kappungsgrenze wird lediglich auf „über 80.000,00 Euro“ angehoben.
Wie beurteilen Sie den Referentenentwurf?
Der Referentenentwurf ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Eine Anpassung ist längst überfällig. Allerdings bleibt er hinter einer wirklich interessengerechten Regelung leider zu weit zurück. Schon mit der letzten Gebührenanpassung um damals 10 % zum 01.01.2021 war keine vollständige Angleichung an die wirtschaftliche Entwicklung verbunden. Seitdem haben sich die finanziellen Belastungen aber noch einmal verschärft. Der Verbraucherpreisindex ist von 100 Punkten im Jahr 2020 auf 119,3 Punkte im Mai 2024 gestiegen. Mit der vorgesehenen Erhöhung wird daher die reale Teuerung nicht ausreichend berücksichtigt.
Dies gilt umso mehr, weil auch mit den gleichzeitig beabsichtigen „strukturellen Änderungen“ nur ein Teil der im Forderungskatalog von BRAK und DAV genannten notwendigen Anpassungen aufgegriffen wird. Beispiel dafür ist die nur teilweise Umsetzung der Gebührenanhebung für die PKH- und VKH-Gebühren. Auch die Anhebung der Verfahrenswerte setzt die Forderungen von BRAK und DAV nur teilweise um, da der Forderungskatalog eine Anpassung auf einheitlich 5.000,00 € vorsah. Ein großer Teil der Forderungen wurde gar nicht berücksichtigt.
Beispielsweise lässt der Gesetzesentwurf ohne jegliche Begründung erneut die bereits seit langem geforderte Änderung in Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG, dass auch für das Einscannen von Papierakten die Dokumentenpauschale anfällt, unberücksichtigt. Zwar war damit zu rechnen, dass ein Kompromiss zwischen den Forderungen der Rechtsanwaltschaft und den Vorstellungen der Länder notwendig sein wird. Wenn jedoch schon die lineare Anpassung den wirtschaftlichen Realitäten nicht hinreichend Rechnung trägt, müssten die gleichzeitigen strukturellen Anpassungen gerade umso umfassender sein.
Wann könnten die Neuregelungen in Kraft treten?
Im Hinblick auf das noch einzuhaltende Verfahren und die anstehende Sommerpause ist die Zeit bis dahin zwar knapp. Beabsichtigt ist aber ein Inkrafttreten zum 01.01.2025
Der Vorstand der RAK Berlin hat sich seit Jahren für eine gesetzliche Verankerung einer regelmäßig wiederkehrenden Erhöhung der RVG-Gebühren ausgesprochen. Besteht eine Chance, dass es dazu einmal kommen wird?
Es wäre absolut wünschenswert und bleibt auch unser Ziel. Es wird aber sicher auch eine große Hürde bleiben, vor allem die Bundesländer davon zu überzeugen, aus deren Haushalt ja die Mittel für Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe kommen müssen. Deshalb ist den Ländern das regelmäßige Mitspracherecht bei Erhöhungen sehr wichtig und sind die Widerstände für eine regelmäßige wiederkehrende Erhöhung groß. Dennoch müssen wir uns weiter dafür einsetzen.