Novelle des Geldwäschegesetzes – neue Pflichten für die Anwaltschaft

Zum Jahresbeginn sind Änderungen des Geldwäschegesetzes in Kraft getreten, mit denen der deutsche Gesetzgeber europäische Vorgaben umsetzte (BGBl. I 2019, S. 2602). Für die Rechtsanwaltschaft ergeben sich insbesondere folgende relevante Änderungen:

 

– Erweiterung des Anwendungsbereiches

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind nicht per se als „Verpflichtete“ den Anforderungen des Geldwäschegesetzes unterworfen, sondern aufgrund von Mitwirkung an Kataloggeschäften gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG. Hierzu gehörten bisher beispielsweise der Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben, Verwaltung von Geld und anderen Vermögenswerten oder die Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel.

Neu hinzugekommen als Kataloggeschäfte sind die Beratung des Mandanten im Hinblick auf dessen Kapitalstruktur, dessen industrielle Strategie oder damit verbundenen Fragen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. c GwG) und die Beratung oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen oder Übernahmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. d GwG). Damit sollen diese Tätigkeiten geldwäscherechtlich wie entsprechende Serviceleistungen von Finanzunternehmen behandelt werden. Für die anwaltliche Beratung sollte der Anwendungsbereich gering sein, zumal Rechtsberatung im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen und Zusammenschlüssen schon über § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit a)  aa) GwG erfasst wurde.

Größten Praxisbezug dürfte die Aufnahme der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. e GwG) in den Kreis der Kataloggeschäfte haben. Rechtsanwälte sind als verpflichtet anzusehen, wenn ihre wesentliche Tätigkeit in einem Mandat die steuerrechtliche Beratung ist. Kein Kataloggeschäft ist jedoch die Steuerstrafverteidigung, da Strafverteidigung auch dann nicht zu einem Kataloggeschäft wird, wenn der materiell-rechtliche Inhalt der Verteidigung ein Kataloggeschäft berührt.

 

– Verstärkte Sorgfaltspflichten bei Staaten mit hohem Geldwäscherisiko

15 Abs. 3 Nr. 2 GwG nimmt Bezug auf Staaten, die von der Europäischen Kommission benannt werden, die in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strategische Mängel aufweisen und daher ein Risiko für das europäische Finanzsystem darstellen (EU-Richtlinien 2015/849, 2018/843). Hierzu gehören beispielsweise Afghanistan, Bahamas, Iran, Irak, Jemen, Libyen, Nigeria, Panama, Puerto Rico, Saudi-Arabien oder Syrien. Der Verpflichtete muss nunmehr gemäß § 15 Abs. 5 Nr. 1 GwG zusätzliche Informationen einholen über den Vertragspartner und den wirtschaftlich Berechtigten, über die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung, die Herkunft der relevanten Vermögenswerte, über die Gründe für die geplante oder durchgeführte Transaktion und über die geplante Verwendung der Vermögenswerte, die im Rahmen der Transaktion eingesetzt werden – soweit dies für die Beurteilung der Gefahr der Terrorismusfinanzierung erforderlich ist. Weitere Pflichten ergeben sich aus § 15 Abs. 5 Nr. 2-3, Abs. 5a GwG.

 

 – Verpflichtende Berücksichtigung des Transparenzregisters bei der Identifizierung eines wirtschaftlich Berechtigten

In der Geldwäscheprävention kommt der Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten eine zentrale Funktion zu, um Scheinstrukturen, Briefkastenfirmen und Strohmanngeschäfte rückwirkend verfolgbar zu machen. Der Begriff des „wirtschaftlich Berechtigten“ wird in § 3 GwG detailliert definiert. So ist wirtschaftlich Berechtigter die „natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht“ (Abs. 1 Nr. 1) oder „auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt wird“ (Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt.). Bei juristischen Personen zählt regelmäßig jede natürliche Person zu den wirtschaftlich Berechtigten, die mehr als 25 Prozent „der Kapitalanteile hält“ (Abs. 2 Satz 1, Nr. 1) oder „der Stimmrechte kontrolliert“ (Abs. 2 Satz 1, Nr. 2) oder „auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt“ (Abs. 2 Satz 1, Nr. 3). Bei Kataloggeschäften sind gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 GwG wirtschaftlich Berechtigte namentlich zu identifizieren.

Dabei hat sich der Verpflichtete durch risikoangemessene Maßnahmen zu vergewissern, dass die Angaben zutreffend sind. Dabei ist seit dem 01.01.2020 bei der Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung mit einer zum Transparenzregister (§ 18 ff. GwG) meldepflichtigen Gesellschaft zwingend eine Abfrage beim Transparenzregister vorzunehmen. Eine entsprechende nachträgliche Verpflichtung für bis Ende 2019 eingegangene Mandatsbeziehungen besteht nicht, es denn, es ist aufgrund Zweifeln an der Richtigkeit der erhobenen Angaben gemäß § 11 Abs. 3 GwG eine erneute Identifizierung vorzunehmen.

Anwaltlich Verpflichteten ist zu empfehlen, eine entsprechende Abfrage standardisiert in ihre internen Abläufe aufzunehmen. Dabei muss zunächst geprüft werden, ob die Mandantschaft zum Transparenzregister meldepflichtig ist. Dies sind nach § 20 Abs. 1 GwG alle inländischen juristischen Personen und eingetragenen Personengesellschaften. Zudem sind ausländische Gesellschaften grundsätzlich meldepflichtig, wenn sie sich verpflichten, Eigentum an einer im deutschen Inland gelegenen Immobilie zu erwerben.  Bei insoweit meldepflichtigen Mandanten hat der Verpflichtete einen Nachweis der Registrierung (§ 20 Abs. 1 oder § 21 GwG) oder einen Auszug aus dem Transparenzregister einzuholen. Möglich ist es auch, sich vom Mandanten nachweisen zu lassen, dass dieser die Meldung vorgenommen hat. Besondere Regelungen gelten für Verwalter von Trusts und anderen Rechtsgestaltungen (§ 21 GwG).

Nicht geändert wurde allerdings die bisher geltende Regel in § 11 Abs. 5 Satz 5 GwG, dass sich der Verpflichtete bei der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten nicht allein auf das Transparenzregister verlassen darf.

 

– Angemessene Maßnahmen zur Ermittlung des fiktiv wirtschaftlich Berechtigten

Wenn auch nach Durchführung umfassender Prüfungen kein wirtschaftlich Berechtigter festgestellt werden konnte oder Zweifel bestehen, dass die ermittelte Person wirtschaftlich Berechtigter ist, fingiert § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG den gesetzlichen Vertreter, den geschäftsführenden Gesellschafter oder den Partner des Vertragspartners als wirtschaftlich Berechtigten. Nach der Gesetzesnovelle sind auch bei fiktiv wirtschaftlich Berechtigten angemessene Maßnahmen für die Überprüfung der Identität dieser Person zu ergreifen (11 Abs. 5 Satz 5 GwG). Da diese Konstellation häufiger vorkommt, ist diese neue Pflicht als sehr praxisrelevant anzusehen.

 

– Eingeschränkte Meldepflicht bei Unstimmigkeiten im Transparenzregister

Eine im Geldwäscherecht bislang unbekannte Verknüpfung von Mandantenprüfungspflichten und Transparenzregisterpflichten wurde durch § 23a Abs. 1 GwG geschaffen: Nimmt ein Verpflichteter Einsicht in das Transparenzregister und stellt dabei Unstimmigkeiten zwischen den Angaben über die wirtschaftlich Berechtigten, die im Transparenzregister zugänglich sind, und den ihm zur Verfügung stehenden Angaben und Erkenntnissen fest, besteht eine Meldepflicht. Er hat die registerführende Stelle, hier der Bundesanzeiger Verlag, unverzüglich zu informieren. Eine Unstimmigkeit besteht, wenn im Transparenzregister Eintragungen  (§ 20 Abs. 1 und 2 GwG, § 21 Abs. 1 und 2 GwG) fehlen, einzelne Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten abweichen oder wenn abweichende wirtschaftliche Berechtigte ermittelt wurden.

Allerdings: Eine Meldepflicht besteht für Rechtsanwälte nicht, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die der Rechtsanwalt im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erhalten hat (§§ 23a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 43 Abs. 2 Satz 1 GwG). Die Meldepflicht des Rechtsanwalts besteht jedoch, wenn er positiv weiß, dass der Mandant das Mandatsverhältnis für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder – an dieser Stelle sehr weitgehend – einer anderen Straftat nutzt oder genutzt hat.

 

– Registrierung im Meldeportal der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen

Verpflichtete sind grundsätzlich zur Erstattung einer Verdachtsmeldung verpflichtet, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB darstellen könnte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG), oder ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 GwG) oder der Mandant seine Pflicht, gegenüber dem Rechtsanwalt offenzulegen, ob er die Mandatsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will, nicht erfüllt hat. Die im obigen Abschnitt dargestellten – weitgehenden – Einschränkungen für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung gelten auch hier (§ 43 Abs. 2 GwG).

Verdachtsmeldungen gemäß § 43 Abs. 1 GwG oder § 44 GwG müssen elektronisch erfolgen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GwG). Hierfür hat die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, eine Bundesoberbehörde, ein Meldeportal eingerichtet (http://goaml.fiu.bund.de). Die Nichtregistrierung an sich stellt derzeit keine Pflichtverletzung dar; eine Registrierung für Verpflichtete hat jedoch bis zum 01.01.2024 zu erfolgen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 59 Abs. 6 GwG). Insbesondere Mitgliedern, die verstärkt Kataloggeschäfte betreiben, wird empfohlen, den Registrierungsaufwand bereits jetzt zu erledigen, damit einer etwaigen späteren Meldeverpflichtung auch unverzüglich nachgekommen werden kann. Mit der Registrierung erhält der Verpflichtete Zugang zu spezifischen Hinweisen und Publikationen zum Thema Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Bei einem Zusammenschluss mehrerer Berufsträgerinnen und Berufsträger (u.a. Sozietäten, Partnerschaften) ist die Möglichkeit gegeben, die entsprechende Organisation im Portal „goAML“ zu registrieren. Die einzelnen Mitglieder können dann als so genannte Nebennutzer angelegt werden.

 

Angleichung der Aufbewahrungsfristen an das Berufsrecht

Der Gesetzgeber hat durch eine Anpassung des § 8 Abs. 4 GwG die Aufbewahrungsfristen für geldwäscherechtliche Aufzeichnungen und sonstige Belege flexibilisiert, wobei die europäische Richtlinienvorgabe von mindestens fünf Jahren beibehalten wird. Die neu formulierte Norm stellt klar, dass andere gesetzliche Bestimmungen über Aufbewahrungspflichten, wie etwa die 6-jährige Frist für anwaltliche Handakten (§ 50 Abs. 1 Satz 2 BRAO), dem nicht entgegenstehen.

Kammerton 06/07-2020