Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 15 FAO in Zeiten von Corona

RA Axel Weimann

Fragen an Rechtsanwalt Axel Weimann, Präsidiumsmitglied und Vorsitzender der Abteilung I des Kammervorstands


Kammerton:

Die coronabedingten Abstandsregeln bedingen, dass viele Präsenzveranstaltungen abgesagt bzw. nur mit erheblich reduzierter Teilnehmerzahl durchgeführt wurden und werden. Können Fachanwältinnen und Fachanwälte in dieser Zeit überhaupt ihrer Fortbildungspflicht nach § 15 FAO vollständig nachkommen?

RA Weimann:

In der Vor-Corona-Zeit haben die Fachanwälte der Rechtsanwaltskammer Berlin ihre Fortbildungsverpflichtung ganz überwiegend durch die hörende Teilnahme an einer anwaltsorientierten oder interdisziplinären Veranstaltung erfüllt.

Nach § 15 Abs. 2 FAO ist es jedoch möglich, der Fortbildungsverpflichtung durch die Teilnahme an Online-Seminaren zu erfüllen. Die Seminare müssen allerdings so konzipiert sein, dass die Möglichkeit der Interaktion des Referenten mit den Teilnehmern sowie der Teilnehmer untereinander (z. B. mittels Live-Chat) während der Dauer der Fortbildungsveranstaltungen sichergestellt ist und der Nachweis der durchgängigen Teilnahme erbracht werden kann. Seit Beginn der Krise können wir einen erheblichen Fortschritt bei allen Anbietern sowohl hinsichtlich des inhaltlichen Angebots als auch bei der Technik beobachten. Wir haben das überprüft und waren erfreut feststellen zu können, dass der Markt auch abseits der klassischen Präsenzveranstaltung ein vielfältiges Online-Fortbildungsangebot bereithält.

Darüber hinaus ist es den Fachanwältinnen und Fachanwälten auch weiterhin möglich, nach § 15 Abs. 4 FAO bis zu fünf Stunden der Fortbildungspflicht im Wege des Selbststudiums mit Lernerfolgskontrolle ( z.B Multiple-Choice-Fragen) zu erbringen. Auch hier beobachten wir eine enorme Weiterentwicklung. Diese Form der Fortbildung hat im Vergleich zum Online-Seminars den Vorteil, dass man nicht nur örtlich sondern auch zeitlich ungebunden immerhin schon einmal fünf Fortbildungsstunden in seinem Fachgebiet absolvieren kann.

Daher zurück zu Ihrer Frage: ja, nach Auffassung des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Berlin stehen ausreichend Fortbildungsangebote zur Verfügung, so dass die Kolleginnen und Kollegen auch in Corona-Zeiten der Fortbildungspflicht nachkommen können.

Bietet auch die RAK Berlin Online-Fortbildungen an?

In Kooperation mit dem Deutschen Anwaltsinstitut (DAI) bieten wir bis zum Jahresende ein sehr umfangreiches Online-Fortbildungsangebot und ein Angebot zum Selbststudium an, das es ermöglicht, die Fortbildungsverpflichtung in allen Fachgebieten gem. § 15 Abs. 2 FAO und gem. § 15 Abs. 4 FAO  zu erfüllen. Weitere Informationen finden sich unter https://www.rak-berlin.de/aktuelles/dai-termine/

Wie beurteilen Sie die Akzeptanz dieser Verlagerung der Fortbildung bei den Mitgliedern?

In anderen Kammerbezirken ist wohl der Ruf laut geworden, den Umfang der Fortbildungsverpflichtung für das Jahr 2020 zu reduzieren oder die Fortbildungspflicht gar auszusetzen.

Ich kann hier für Berlin nur betonen, dass solche Wünsche aus dem Kreis der Fachanwältinnen und Fachanwälte bislang kaum an uns herangetragen wurden. Das kann an dem beschriebenen Angebot liegen aber auch vielleicht daran, dass einige doch noch auf Lockerungen im zweiten Halbjahr hoffen, die das Angebot weiterer Präsenzveranstaltungen mit sich bringen.

Davon abgesehen wäre der Vorstand an einer Senkung oder Aufhebung der Fortbildungsverpflichtung gem. § 15 Abs. 3 FAO („Die Gesamtdauer der Fortbildung darf je Fachgebiet 15 Zeitstunden nicht unterschreiten“) gehindert.

Wie denkt der Vorstand Fälle zu handhaben, in denen Kolleginnen und Kollegen wegen der Corona-Krise der Fortbildungspflicht lediglich reduziert oder gar nicht nachgekommen sind?

Der Kammervorstand hat sich mit diesem Thema in der Vorstandssitzung am 10. Juni 2020 befasst. Der Vorstand hat beschlossen, dass er angesichts der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Einschränkungen den Kammermitgliedern für die Vorlage der Fortbildungsnachweise gem. § 15 FAO für 2020 ein zusätzliches Jahr, also eine Frist bis zum 31.12.2021, einräumt. Allerdings müssen bis zu diesem Zeitpunkt daneben auch die Nachweise für 2021 erbracht werden.

Kammerton 06/07-2020