Die Reichweite des § 14 BORA

Gemäß § 14 BORA ist jeder Rechtsanwalt/jede Rechtsanwältin verpflichtet, bei einer ordnungsgemäßen Zustellung das Empfangsbekenntnis unverzüglich zu erteilen und bei einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung eine fehlende Mitwirkungsbereitschaft unverzüglich mitzuteilen. Bei elektronisch versandten Schriftstücken liegt aufgrund der Regelung des § 174 Abs. 4 S. 3 i.V.m. Abs. 3 ZPO ein berufsrechtlicher Verstoß gegen § 14 BORA auch dann vor, wenn das EB statt über das beA lediglich auf herkömmlichem Wege erteilt wird.

§ 14 BORA dient davon unabhängig (allein) der Sicherstellung der sogenannten vereinfachten Zustellung. Die Vorschrift erfasst folglich zum einen diejenigen Fälle, in denen innerhalb gerichtlicher oder behördlicher Verfahren die Regelzustellung per Post, beziehungsweise per Gerichtsvollzieher zu erfolgen hätte und eine (Alternativ-) Zustellung gegen Empfangsbekenntnis vorgesehen ist, so zum Beispiel in § 174 ZPO. Zum anderen erfasst die Vorschrift nach ihrer am 01.01.2018 in Kraft getretenen Neufassung die „Zustellung von Anwalt zu Anwalt“ gemäß § 195 ZPO, vgl. z.B. Nöker in Weyland, BRAO-Kommentar, 10. Aufl., 2020, § 14 BORA, Rz 1.

Nicht erfasst sind dagegen Schriftstücke, für die verfahrensrechtlich keine förmliche Zustellung vorgeschrieben ist, insbesondere kann der außergerichtliche Schriftverkehr zwischen Anwälten/Anwältinnen keine Verpflichtungen gemäß § 14 BORA auslösen, vgl. z.B. Scharmer in Hartung/Scharmer, BORA-Kommentar, 7. Aufl., 2020, § 14 BORA, Rz 14.. § 14 BORA verpflichtet die Anwaltschaft folglich nicht dazu, zu einem bloßen Zugangsnachweis, welcher zivilrechtlich zum Beispiel bei einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärungen erforderlich ist, zu verhelfen.

Bei der Versendung von Schriftstücken sollte daher auf den Unterschied zwischen dem Erfordernis einer förmlichen Zustellung und dem eines Zugangsnachweises geachtet werden, wobei sich für Letzteres eine Übersendung des betroffenen Schriftstücks per beA empfiehlt.

 

Kammerton 05-2021