Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Dokumente

Von Rechtsanwältin Julia von Seltmann, Geschäftsführerin der BRAK,  Berlin

 

In der Vergangenheit sorgten detaillierte Anforderungen in der Bekanntmachung zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung vom 20.12.2018 (ERVB 2019) für Irritationen in der Anwaltschaft. Durch die Änderung der §§ 2, 5 ERVV und der darauf basierenden Bekanntmachung zu § 5 ERVV hat der Verordnungsgeber die Einreichung elektronischer Dokumente ab dem 1.1.2022 deutlich erleichtert. Wesentliches Merkmal der Neufassung ist die Differenzierung zwischen verpflichtenden Anforderungen und Soll-Vorschriften zur Einhaltung der technischen Standards.1)

 

Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht

Das Gesetz formuliert als Vorgabe für die Einreichung elektronischer Dokumente in § 130a II 1 ZPO und den Parallelvorschriften in den übrigen Verfahrensordnungen nur, dass das elektronische Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein muss. Hinsichtlich der technischen Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht verweisen § 130a II 2 ZPO und die übrigen Verfahrensvorschriften auf die Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV).

 

Verbindliche technische Rahmenbedingungen

Elektronische Dokumente müssen weiterhin im Dateiformat PDF eingereicht werden (§ 2 I 1 ERVV). Falls bildliche Darstellungen im PDF-Format nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, darf das elektronische Dokument zusätzlich im TIFF-Format übermittelt werden (§ 2 I 2 ERVV). Zu beachten ist das Wort „zusätzlich“. Nach dem Verordnungstext reicht es nicht aus, das Dokument ausschließlich im Format TIFF zu übersenden, sondern es muss sowohl als PDF als auch als TIFF übermittelt werden.

 

Welche Versionen dieser Formate zur Verarbeitung durch das Gericht geeignet sind, bestimmt die Bekanntmachung zu § 5 I Nr. 1 ERVV in der ab dem 1.1.2022 geltenden Fassung (ERVB 2022). Danach müssen die Dateiformate PDF und TIFF den nach § 5 ERVV bekanntgemachten Versionen entsprechen. Diese sind nach Nr. 1 lit. a und lit. b ERVB 2022 die Formate PDF einschließlich PDF 2.0, PDF/A-1, PDF/A-2 und PDF/UA sowie TIFF Version 6.

 

Verbindlich sind auch die Vorgaben für qualifizierte elektronische Signaturen nach Nr. 5 ERVB 2022. Bei Verwendung der vom beA-System unterstützten Signaturkarten werden die Vorgaben eingehalten. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen keine weiteren Prüfungen vornehmen.

 

Technische Standards als Soll-Vorgaben

Weitere zwingende Formatvorgaben enthalten die ERVV sowie die ERVB 2022 nicht mehr. Nach § 2 II ERVV soll das elektronische Dokument aber den nach § 5 I Nr. 1 und 6 ERVV bekanntgemachten technischen Standards entsprechen. Diese in der ERVB 2022 festgehaltenen Standards sollten bei der Einreichung elektronischer Dokumente auch beachtet werden, damit eine Bearbeitung durch die Justiz ohne Verzögerungen möglich ist.

 

Nr. 1 lit. a ERVB 2022 enthält Formatvorgaben, bei deren Einhaltung der Einreicher davon ausgehen kann, dass die elektronischen Dokumente durch die Justiz verarbeitbar sind: Der Dokumenteninhalt soll orts- und systemunabhängig darstellbar sein. Ein Rendering für spezifische Ausgabegeräte soll vermieden werden. Die Datei soll kein eingebundenes Objekt enthalten, da für die Darstellung der Inhalte kein externes Anwendungsprogramm oder eine weitere Instanz des PDF-Darstellungsprogramms verwendet wird. Zulässig ist indes die Einbindung von Inline-Signaturen und Transfervermerken.

 

Die Datei soll auch keine Aufrufe von ausführbaren Anweisungsfolgen, wie z.B. Scripts, enthalten, insbesondere sollen weder innerhalb von Feldern in Formularen noch an anderer Stelle JavaScript eingebunden sein, da diese Aufrufe nicht ausgeführt werden. Zulässig sind hingegen Formularfelder ohne JavaScript. Außerdem sind Hyperlinks zulässig, auch wenn sie auf externe Ziele verweisen.

 

Um diesen Standards gerecht zu werden, empfiehlt es sich, bei der Erstellung des PDF die Option „PDF/A erstellen“ zu wählen. Dafür wählen Sie den Befehl „Speichern unter“ und bei Dateityp „PDF“. Unter „Optionen“ muss das Kästchen bei „PDF/A-kompatibel“ aktiviert werden. Nr. 6 ERVB 2022 zählt die technischen Eigenschaften auf, die elektronische Dokumente enthalten sollen. Nach Nr. 6 lit. a ERVB 2022 soll das Dokument druckbar sein. Ein PDF-Dokument ist regelmäßig problemlos druckbar, wenn nicht einschränkende Einstellungen vorgenommen wurden.

 

Die Anforderungen an die Wahl des Dateinamens sind ebenfalls in der ERVB 2022 veröffentlicht. Wie schon in den Anforderungen an die Teilnahme von Drittanwendungen am OSCI-gestützten elektronischen Rechtsverkehr (Version 1.4) vom 30.9.2021 unter Punkt A16 ausgeführt, darf die Länge von Dateinamen gem. Nr. 6b ERVB 2022 einschließlich der Dateiendungen maximal 90 Zeichen betragen. Gemäß Nr. 6c ERVB 2022 dürfen alle Buchstaben des deutschen Alphabets einschließlich der Umlaute ä, ö, ü sowie ß, alle Ziffern und die Zeichen Unterstrich und Minus verwendet werden. Punkte sind allein zulässig für die Trennung von Dateinamen und Dateiendung.

 

Die beA-Webanwendung ist den Nutzerinnen und Nutzern bei der Einhaltung dieser Vorgaben an Dateinamen behilflich und generiert eine Fehlermeldung, falls der Nachricht Anhänge mit Dateinamen, die unzulässige Zeichen enthalten, beigefügt werden sollen.

 

Bei der Übermittlung von Nachrichten mit mehreren Dateien sollen die Dateinamen eine logische Nummerierung enthalten, also z.B. „01_Klageschrift.pdf“ oder „04_Mietvertrag.pdf“. Damit wird vermieden, dass die Nachrichtenanhänge durch die vom Gericht genutzte Software in eine andere als die vorgesehene Reihenfolge gebracht werden.

 

Es ist empfehlenswert, diese Anforderung zu beachten, da so die Aktenführung erheblich erleichtert wird.

 

2 III ERVV sieht vor, dass bestimmte in den Nummern 1–5 genannte Strukturdaten übermittelt werden sollen. Die Konkretisierung erfolgt in Nr. 2 ERVB 2022. Um diese Daten müssen sich Nutzerinnen und Nutzer der beA-Webanwendung ebenfalls nicht weiter kümmern. Sie werden automatisch aus den Pflichtangaben im Nachrichtenkopf generiert, wenn der Anwender es bei der Voreinstellung belässt, dass ein Strukturdatensatz beigefügt wird. Es handelt sich zwar um eine Sollvorschrift, die Anforderungen der Justiz an Drittprodukte geben aber vor, dass Strukturdaten beizufügen sind. Deshalb wird es künftig nicht mehr möglich sein, die Voreinstellung zu ändern.

 

Zu beachten ist ferner die Einhaltung der Mengengerüste nach Nr. 3 lit. a und b ERVB 2022. Danach werden Anzahl und Volumen elektronischer Dokumente in einer Nachricht auf höchstens 100 Dateien und auf höchstens 60 Megabyte begrenzt. Diese Begrenzung gilt bis zum 31.3.2022. Ab dem 1.4.2022 bis zum 31.12.2022 werden die Mengenbeschränkungen auf höchstens 200 Dateien und höchstens 100 Megabyte angehoben. Ab dem 1.1.2023 erfolgt dann eine weitere Anhebung auf höchstens 1000 Dateien und 200 Megabyte, die zunächst bis zum 31.12.2023 gelten wird.2)

 

Die beA-Webanwendung unterstützt auch hier: Es erscheint eine Fehlermeldung, wenn die zugelassenen Höchstgrenzen überschritten werden.

 

Können diese Mengenbeschränkungen nicht eingehalten werden, ist gem. § 3 ERVV eine Ersatzeinreichung nach den allgemeinen Vorschriften möglich. Der Schriftsatz und die Anlagen sollen möglichst als elektronische Dokumente auf einem physischen Datenträger beigefügt werden. Zulässige Datenträger sind nach Nr. 4 ERVB 2022 DVD und CD.

 

Fazit

Auch wenn diese Vorschriften, die auf Gesetz, Verordnung und Bekanntmachung aufgeteilt sind, zunächst kompliziert anmuten, so ist doch festzustellen, dass die Anforderungen mit dem Inkrafttreten der Pflicht zur Einreichung elektronischer Dokumente für Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte deutlich entschärft wurden. Die versehentlich unwirksame Einreichung dürfte somit nicht mehr vorkommen, zumal die beA-Webanwendung bei der Einhaltung der Vorschriften unterstützt.

Kammerton 04-2022