RAin und Notarin Stefanie Brielmaier, Fachanwaltsausschuss Erbrecht, antwortet

Rechtsanwältin und Notarin Stefanie Brielmaier

Stefanie Brielmaier ist in Regensburg geboren und hat in Regensburg und Berlin Jura studiert. Seit 1997 ist sie als Rechtsanwältin, seit 2002 als Fachanwältin für Familienrecht tätig und seit 2005 auch Fachanwältin für Erbrecht. Im Jahre 2007 wurde sie zur Notarin bestellt. Sie ist Expertin für Erbrecht in der radioBerlin-88.8-Expertenrunde.

Stefanie Brielmaier ist stellvertretende Vorsitzende des Fachanwaltsausschusses Erbrecht der Rechtsanwaltskammer Berlin.

 

Warum sind Sie Rechtsanwältin geworden?

Für mich war es schon immer wichtig, mich für andere Menschen und deren Rechte einzusetzen. Gerade auf den Gebieten des Erbrechts und des Familienrechts kommt man mit allen existenziellen Bereichen des Lebens in Berührung. Der Anwaltsberuf ist einer der interessantesten, abwechslungsreichsten und erfüllendsten Berufe, die ich mir vorstellen kann.

 

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?

Vorbilder in dem Sinne hatte ich nie, weder beruflich noch privat. Aber meine große Hochachtung gilt unserer leider zu früh verstorbenen Seniorpartnerin Anne Klein, die sich stets mit Leidenschaft und großem Engagement für ihre Überzeugungen eingesetzt hat. Und meinem Vater, der mit Leib und Seele Anwalt war.

 

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?

Menschenkenntnis, Empathie und Durchsetzungsvermögen

 

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?

Hier kann ich ja nur für meine Fachbereiche sprechen, d.h. Erbrecht und Familienrecht: ich kann den Beruf Menschen empfehlen, die sich für das Leben in all seinen Facetten interessieren, auch für die psychologischen Hintergründe, die kämpferisch und empathisch sind und die Fähigkeit haben, Konfliktparteien wieder miteinander ins Gespräch zu bringen. Man darf sich nicht einschüchtern lassen und muss es auch aushalten können, dass manche Mandant*innen sehr viel Zuwendung benötigen, weil sie sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden.

 

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?

Unsere berufsrechtlichen Vorschriften, insbesondere Verschwiegenheitspflicht, Unabhängigkeit und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen sind aus meiner Sicht essenziell. Sie tragen dazu bei, dass der Anwaltsberuf in Deutschland nach wie vor hohes Ansehen genießt. Eine überflüssige berufsrechtliche Vorschrift fällt mir nicht ein.

 

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?

Ich möchte möglichst vielen qualifizierten Kolleginnen und Kollegen zur Fachanwaltsbezeichnung Fachanwältin/Fachanwalt für Erbrecht verhelfen.

 

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?

Als Berufsanfängerin war ich eine Zeitlang als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Rechtsanwaltskammer Berlin tätig und habe erfahren, wie wichtig ehrenamtliches Engagement in den dortigen Gremien ist. Ich fand die Einführung der Fachanwaltsbezeichnungen sehr sinnvoll und möchte deshalb meinen Beitrag dazu leisten.

 

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Fachanwaltsanträge werden von uns Ausschussmitgliedern geprüft und votiert. Einige Anträge sind äußerst zeitaufwendig zu bearbeiten, es sind zahlreiche Nachfragen erforderlich und Zweifelsfragen im Ausschuss zu diskutieren. Andere Fachanwaltsanträge sind ausgezeichnet vorbereitet und erfordern deutlich geringeren Aufwand. Dazu kommt eine Sitzung pro Monat.

 

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?

Wofür man Zeit hat, ist nur eine Frage der Priorisierung. Man kann sich immer Zeit nehmen für das, was einem wirklich wichtig ist.

 

Nutzen Sie soziale Netzwerke?

Hauptsächlich privat. Aber viel wichtiger sind mir persönliche Kontakte.

 

Was macht Sie wütend?

Ein unbeweglicher Behördenapparat. Sachbearbeiter, die sich hinter Vorschriften verschanzen. Diskriminierung und Racial Profiling.

 

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?

Die zunehmende Bedeutung gerichtlicher und außergerichtlicher Mediation. Gerade in Erbsachen, in denen häufig alte familiäre Konflikte wie z.B. Geschwisterrivalitäten anlässlich eines Todesfalls wieder aufflammen, ist mit einem Gerichtsurteil keinem gedient. Die Mediation bietet hier die Chance, eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten, auf deren Grundlage auch eine persönliche Wiederannäherung möglich ist.

 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?

Mit einem Foodhunter, der auf der Suche nach authentischen Familienrezepten durch ganz Asien reist.

 

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?

Definitiv. Das weiß ich vor allem aus Gesprächen mit Kolleginnen, die Kinder haben. Nach wie vor fällt den Frauen überwiegend die Rolle zu, die Kinderbetreuung zu übernehmen. Der Anwaltsberuf ist mit einer Teilzeittätigkeit auch heute noch schwer zu vereinbaren. Außerdem sind viele Rechtsgebiete  stark männerdominiert.

 

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?

Meine große Schwäche ist Ungeduld. Meine Stärken sind Empathie und absolute Nervenstärke.

 

Ihr größter Flop?

Mein Mathematikstudium. Zum Glück hat es nur sieben Wochen gedauert.

 

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?

Die Süddeutsche Zeitung.

 

Ihr liebstes Hobby?

Yoga, aber das ist für mich eher eine Lebensphilosophie als ein Hobby. Reisen, vor allem nach Asien. Kochen und gutes Essen.

 

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Mir fällt keine ein. Ich habe mich genau für die Tätigkeiten entschieden, die mich nach wie vor begeistern.

 

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?

„Nichts, was man mit dem Herzen tut, ist eine Last“ – Diesen Rat gab mir vor Jahren eine Balinesin und er hat mein ganzes Arbeitsleben verändert.

 

 

 

Kammerton 04-2021