Neues vom BGH zur 15-Minuten-Zeittaktklausel

1.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung IX ZR 140/19 vom 13.02.2020 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2e68f9cfc251f21c6b9e673d301b2b7b&nr=104814&pos=0&anz=1) eine Vergütungsvereinbarung für unwirksam erklärt, nach welcher der Mandant mindestens das Dreifache der gesetzlichen Vergütung zahlen sollte, bei einem zusätzlich erhöhten Gegenstandswert. Zudem hat der BGH entschieden, dass die formularmäßige Vereinbarung eines Zeithonorars, welche den Rechtsanwalt berechtigt, für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes zu berechnen, den Mandanten unangemessen benachteilige, jedenfalls wenn dieser Verbraucher sei. Damit hat der BGH eine in der Rechtsprechung seit etlichen Jahren bestehende Streitfrage entschieden (vgl. zum Streit über die Wirksamkeit der 15-Minuten-Zeittaktklausel u.a. OLG Schleswig, RVG-Report 2009, 179: pro und OLG Düsseldorf, NJW-RR 2007, 129 ff.: contra).

In dem vom BGH in seiner Entscheidung IX ZR 140/19 am 13.02.2020 entschiedenen Fall war der Anwalt im Zusammenhang mit der Aufhebung des Arbeitsvertrages seines Mandanten beauftragt worden. Der Anwalt hatte nach der getroffenen Vergütungsvereinbarung statt des tatsächlichen Zeitaufwandes von 4 Stunden 28 Minuten für den entsprechend der 15-Minuten-Zeittaktklausel berechneten Zeitumfang von ca. 25 Stunden ein Honorar in Höhe von fast 11.300 € in Rechnung gestellt. Der Mandant hatte eine Abfindung in Höhe von 10.000 € erhalten, die entsprechend der Vergütungsvereinbarung dem Gegenstandswert hinzugerechnet worden war.

2.
Beim Abschluss formularmäßiger Vergütungsvereinbarungen mit Verbrauchern ist dem Urteil des BGH entsprechend zu berücksichtigen, dass

– eine Mindestvergütung in Höhe des Dreifachen der gesetzlichen Gebühren bedenklich sein kann, insbesondere dann, wenn aufgrund der Verknüpfung mit einer Erhöhung des Gegenstandswertes die Vergütung für den Mandanten nicht mehr zu durchschauen und daher intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist, und

– die formularmäßige Vereinbarung eines Fünfzehn-Minuten-Taktes nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.

Es ist zudem immer darauf zu achten, dass keine unzulässige Erfolgsbeteiligung vereinbart wird, so wie es hier aufgrund der Erhöhung des Gegenstandswertes um die Abfindung geschehen ist. Nach § 49b Abs. 2 BRAO darf die anwaltliche Vergütung grundsätzlich nicht vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht werden.

Bei der Abrechnung einer vereinbarten Zeitvergütung ist schlüssig darzulegen, welche Tätigkeiten konkret erfolgt sind, z.B. welche Akten und Schriftstücke gesichtet und geprüft wurden, zu welcher Problematik eine Recherche angestellt wurde, zu welchem Thema mit welchem Gesprächspartner telefoniert oder eine Besprechung geführt wurde, etc. Lediglich allgemeine Hinweise auf Aktenbearbeitung, Literaturrecherche, Telefongespräche usw., die keine Überprüfung zulassen, reichen nicht aus (BGH, U.v. 04.02.2010, IX ZR 18/09 – Rn. 77 ff.: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=1ed05b61a151a9889f8a916323665dc3&nr=51162&pos=0&anz=1).

Der abgerechnete Zeitaufwand darf zudem nicht außer Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der bearbeiteten Angelegenheit stehen (BGH, U.v. 04.02.2010, IX ZR 18/09 – Rn. 84 f.: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=1ed05b61a151a9889f8a916323665dc3&nr=51162&pos=0&anz=1).

Sofern die Höhe der vom Auftraggeber zu zahlenden Vergütung das von ihm verfolgte Ziel wirtschaftlich sinnlos macht, kann ein Anwalt im Einzelfall nach Treu und Glauben verpflichtet sein, den Auftraggeber auch ungefragt über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung zu belehren (BGH, U.v. 24.05.2007, IX ZR 89/06 – Rn. 10: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=1777740a4a4b710ad38a1a464bd4709a&nr=40209&pos=1&anz=2).

 

Kammerton 04-2020