Fremdbesitzverbot: Deutliche Mehrheit der Anwaltschaft gegen eine Lockerung

Mit einer Umfrage hat das Bundesjustizministerium ergründet, wie die Anwaltschaft zu einer möglichen Lockerung des Fremdbesitzverbots steht, das derzeit reine Kapitalinvestitionen in Kanzleien untersagt. Eine deutliche Mehrheit der Anwältinnen und Anwälte lehnt eine Lockerung ab.1

Das sowohl in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) als auch in der Patentanwaltsordnung (PAO) verankerte sog. Fremdbesitzverbot untersagt es der (Patent-)Anwaltschaft derzeit, reine Kapitalinvestoren in ihre Kanzleien zu holen. Dies sichert die Unabhängigkeit (patent-)anwaltlicher Beratung, unter anderem vor Einflussnahme von Investoren auf die Mandatsführung und -auswahl unter Rentabilitätsgesichtspunkten. Mit Blick auf Legal Tech-Unternehmen wird jedoch von manchen eine Lockerung gefordert. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien sieht eine Überprüfung des Fremdbesitzverbots vor.

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat mit einer im Oktober und November 2023 mit Unterstützung von BRAK und Rechtsanwaltskammern durchgeführten Umfrage ergründet, ob die Anwaltschaft überhaupt Bedarf für die Beteiligung von reinen Kapitalinvestoren an (patent-)anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften sieht und wie sie mögliche Konflikte mit der anwaltlichen Unabhängigkeit einstuft.

Die Anfang Dezember 2023 von der BRAK veröffentlichten Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass eine deutliche Mehrheit der (Patent-)Anwältinnen und Anwälte keine Lockerung des Fremdbesitzverbots möchte. 62,57 % (Berlin: 65,25%) lehnen eine Lockerung generell ab, weitere 27,69 % (Berlin: 22,10%) lehnen eine Lockerung zwar nicht generell ab, sehen hierfür aber keinerlei Bedarf; nur 7,72 % halten eine Lockerung für notwendig.

79,58 % (Berlin: 76,16%) der Befragten sprechen sich sogar deutlich gegen die Aufnahme reiner Kapitalgeber aus. 72,83 % (Berlin: 71,91%) sehen Gefahren für die anwaltlichen Kernpflichten (insbesondere Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen) und glauben nicht, dass sich diese Gefahren durch gesetzliche Regelungen eindämmen ließen.

Auch die Beteiligung Dritter am Gewinn von Anwaltskanzleien wird weit überwiegend kritisch gesehen. 71,23 % (Berlin: 67,80%) der Teilnehmenden würden auf keinen Fall Finanzierungen mit Gewinnbeteiligung in Anspruch nehmen. 72,30 % (Berlin: 69,38%) denken, dass die Beteiligung Dritter am Gewinn ebenfalls Gefahren für die anwaltlichen Kernpflichten mit sich brächte, die sich auch durch gesetzliche Vorgaben nicht hinreichend eindämmen lassen.

Die Umfrage ermöglichte außerdem Freitextantworten. Diese fielen weit überwiegend kritisch gegenüber einer Lockerung des Verbots aus. Dabei wurden Aspekte wie Kommerzialisierung, Vernachlässigung von Mandanteninteressen, Begrenzung des Zugangs zum Recht sowie negative Erfahrungen mit Fremdbesitz bei den medizinischen Berufen angeführt. Die vereinzelten befürwortenden Kommentare thematisierten insbesondere, dass Fremdkapital und Gewinnbeteiligungen für Gründer eine wertvolle Unterstützung sein könnten.

Weiterführende Links:

• Zum Hintergrund der Umfrage
• Überblick über die Ergebnisse
• Gesamtauswertung der Umfrage

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1Die BRAK gibt die bundesweiten Daten wieder, die hier ergänzt sind um die Ergebnisse in Berlin. Bundesweit haben sich 7.103 Kammermitglieder beteiligt. Einen großen Anteil stellten die 1.096 Mitglieder dar, die sich aus Berlin beteiligten.

Kammerton 01/02-2024