RA Dr. Christian Lemke, neuer Vizepräsident der BRAK, antwortet

RA Dr. Christian Lemke

Am 25.10.2019 hat die 157. BRAK-HV RA Dr. Christian Lemke, Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, zum neuen Vizepräsident der BRAK gewählt. Er ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und für Informationstechnologierecht. Dr. Lemke leitete von 2015 bis 2017 die deutsche Delegation im Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) und ist Vizevorsitzender des CCBE-Ausschusses „Future of the Legal Profession and Legal Services“ sowie Mitglied im IT-Ausschuss des CCBE; seit 2019 gehört er dem Stakeholder Advisory Board des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) an.

Warum sind Sie Rechtsanwalt geworden?
In meiner Jugend habe ich viel musiziert, war immer technikaffin und habe mich früh für das Urheberrecht und den gewerblichen Rechtsschutz interessiert. Mein anfängliches Physikstudium war mir zu trocken, weshalb ich zu den Juristen gewechselt bin. Und weil ich überdies gern streite und die Unabhängigkeit liebe, standen die Berufswahl und meine Schwerpunkte früh fest.

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?
Im Laufe meiner Berufstätigkeit habe ich viele prägende Anwaltspersönlichkeiten kennenlernen dürfen, so bereits meine Ausbilder im Referendariat Volker Meinberg und Walter Klosterfelde oder etwa meine Amtsvorgänger Otmar Kury und Axel Filges. Alle zeichnen sich in ganz unterschiedlicher Weise durch Weitsichtigkeit, eine gute Portion Humor und die Fähigkeit aus, über den Tellerrand blicken zu können.

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?
Gelassenheit, Empathie, Kompromissfähigkeit.

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?
Jedem, der gern für die Interessen anderer streitet und die Selbstständigkeit liebt.

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?
Wir haben für unsere Tätigkeit einen sorgfältig austarierten Rechtsrahmen, der uns im Interesse unserer Mandanten strenge Pflichten auferlegt und besondere Rechte sichert. Nach Jahren der Liberalisierung unseres Berufsrechts gilt es, sich darauf zu besinnen und keinem Deregulierungs-Hype zu unterliegen, nur weil gewerbliche LegalTech-Anbieter auf den Plan treten, denen es um die Vermarktung hoch skalierbarer Geschäftsmodelle geht. Rechtlicher Beistand und guter Rechtsrat erfordert mehr, als Internetplattformen und Prozessfinanzierer bieten können. Und nicht jeder Anbieter ist seriös und bietet qualitativ gute Leistungen, nur weil er sich irgendwelcher Algorithmen bedient.

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?
Die Anwaltschaft durch stürmische Zeiten zu geleiten und zu verhindern, dass der Beruf des Rechtsanwalts in die Beliebigkeit abgleitet.

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?
Es ist eine Ehre und spannende Herausforderung, der Anwaltschaft als Hamburger Kammerpräsident und Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer dienen zu dürfen. Die damit verbundene Verantwortung habe ich gern übernommen, ebenso wie bereits als CCBE-Delegationsleiter in Brüssel. Sowohl auf nationaler wie europäischer Ebene haben wir uns selbstbewusst immer neuen Herausforderungen und Angriffen zu stellen, insbesondere auf unsere Berufsverschwiegenheit. Dabei gilt es immer wieder deutlich zu machen, welche Bedeutung eine unabhängige Anwaltschaft für Demokratie und Rechtsstaat hat. Beides kommt, wie ein Blick bereits in das europäische Ausland zeigt, zunehmend unter die Räder.

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?
Glücklicherweise sind die Wege innerhalb Hamburgs kurz und die Anbindung nach Berlin und Brüssel gut.

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?
Rückbesinnung.

Nutzen Sie soziale Netzwerke?
In Maßen.

Was macht Sie wütend?
Wut ist kein guter Ratgeber.

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?
Das Schreiben ganzer Bücher überlasse ich lieber anderen.

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?
Die Möglichkeiten, die uns neue Technologien bieten. Und die Begegnung mit immer wieder anderen Menschen.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?
Keith Richards.

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?
Definitiv. Leider noch immer.

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?
Ich bin gelegentlich etwas ungeduldig. Alles andere müssen andere beantworten.

Ihr größter Flop?
Ich habe immer wieder Niederlagen erlitten. Das gehört zum Leben!

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?
Das Hamburger Abendblatt, schließlich möchte ich auch wissen, was in meiner Stadt passiert. Sonst Süddeutsche, FAZ, Zeit und Spiegel, gern online und soweit es die Zeit zulässt.

Ihr liebstes Hobby?
Ich treibe Sport und musiziere gelegentlich mit Freunden in einer Band.

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?
Keine.

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?
Auch Ratschläge sind Schläge. Aber im Ernst: Ich habe in meinem Berufsleben von vielen Kolleginnen und Kollegen sehr viel Rat und Unterstützung erfahren und hoffe, das bleibt so. Rat sollte man sich auch immer wieder holen.

Kammerton 01/02-2020