Rechtsanwältin und Notarin Ingeborg Rakete-Dombek antwortet

Rechtsanwältin und Notarin Ingeborg Rakete-Dombek. Foto: Andreas Burkhardt

Ingeborg Rakete-Dombek ist in Berlin seit 40 Jahren Rechtsanwältin und seit 29 Jahren Notarin. Seit 1998 ist sie Fachanwältin für Familienrecht und auf diesem Fachgebiet sehr bekannt. Seit langer Zeit ist sie ehrenamtlich aktiv. Von 2004 bis 2011 war sie u.a. Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im DAV. In dieser Zeit wurde die AG Familienrecht mit 7.000 Mitgliedern die größte AG des DAV. Seit 2012 ist sie Ehrenmitglied der AG. RAin Rakete-Dombek tritt vielfach als Herausgeberin, zuletzt der „Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung“, und z.B. der „Neuen Zeitschrift für Familienrecht“, in Erscheinung.

Warum sind Sie Rechtsanwältin geworden?
Ich habe nach meinem Abitur zunächst eine Ausbildung machen wollen, bevor ich studiere. Mein Stiefvater war Rechtsanwalt und hat mir eine Lehrstelle als ReNo angeboten. Nun hatte ich ein konkretes Bild des Berufs und entschloss mich, nach der Prüfung Jura zu studieren und Anwältin zu werden.

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?
Damals gab es nur wenige Anwältinnen. Ich erinnere mich aber an Helene Bode und an Adelheid Koritz-Dohrmann. Beide waren unerschrocken und verfolgten im Interesse der Mandanten ihre Ziele mit großem Engagement. Ich war nämlich zunächst überwiegend im Strafrecht tätig und bin erst später zum Familienrecht gekommen.

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?
Sie sollte verschwiegen sein, geduldig und sie sollte sich vor allem „verständlich“ machen können, sonst versteht sie der Mandant nicht, aber auch manche Richter haben dann Schwierigkeiten.

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?
Heute wollen viele junge Juristen lediglich im Angestelltenverhältnis als Anwälte arbeiten. Ich meine aber, dass zum Anwaltsberuf mehr gehört, als lediglich Fälle abzuarbeiten. Wer also Interesse hat, auch die Personalführung, die Organisationsarbeit, die finanzielle Verantwortung für eine Anwaltskanzlei zu übernehmen, der ist schon mal richtig. Er sollte außerdem gut in der Kommunikation – vor allem mit dem Mandanten – sein.

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?
Unverzichtbar sind Verschwiegenheit und das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten. Ich denke aber, dass das Werbeverbot fallen könnte. Wer allerdings glaubt, mit Werbung auf Kaffeetassen mehr und bessere Mandanten zu bekommen, ist auch auf dem Holzweg.

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?
Ich bin Mitglied im Ausschuss Familienrecht und im Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur, beides sind Ausschüsse des DAV. Im Familienausschuss ist immer viel zu tun, da ständig an Gesetzesänderungen gearbeitet wird. Der „Ethikausschuss“ ist deshalb so interessant, weil wir uns bemühen, ohne das frühere „Standesrecht“ ein Bewusstsein in der Anwaltschaft dafür zu schaffen, was geht und was eben nicht geht.

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?
Ich hatte immer Ehrenämter. Ich war schon Schulsprecherin und im Berliner Schülerparlament. Da ich mein Abitur 1969 ablegte, waren wir damals stark politisiert und wollten natürlich die Welt zum Besseren ändern. Mir ist davon etwas geblieben, alleine am Schreibtisch zu sitzen und Akten zu bearbeiten, stellt mich nicht zufrieden. Es muss auch etwas geben, was über das Anwaltsdasein hinausreicht. Deshalb habe ich auch Zeitschriften herausgegeben, mich an Büchern und Kommentaren beteiligt. Es ist gelegentlich von Nutzen für alle Anwälte, der sog. „herrschenden Meinung“ etwas entgegenzusetzen.

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?
Früher, in der Zeit als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht habe ich viel Zeit aufwenden müssen, Reisen zu Tagungen, Organisation der Veranstaltungen der AG FamR, vier Vorstandssitzungen im Jahr einschließlich deren Vorbereitung. Dagegen ist die Mitgliedschaft in den Ausschüssen eher wenig Zeitaufwand. 6 – 7 Tage im Jahr vielleicht.

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?
Offenbar für all das, was ich zuvor genannt habe, oft aber auch für ihre eigenen Mitarbeiter, für die Entwicklung der Digitalisierung der Kanzlei und für den Kontakt zum Mandanten.

Nutzen Sie soziale Netzwerke?
Nein, ich bin da zurückhaltend und nur über berufliche Netzwerke mit anderen – allerdings passiv – verbunden.

Was macht Sie wütend?
Wirklich Wut kenne ich nicht, aber Ärger über aggressive Schriftsätze und Schreiben, über Unhöflichkeiten, mangelnde Einigungsbereitschaft, Streithanselei, juristische Unkenntnis im Familienrecht und diese ständigen, überflüssigen anwaltlichen Fristsetzungen. Manche Kollegen scheinen daneben zu glauben, dass man keine besonderen Kenntnisse im Familienrecht benötigt. Gerade im Familienrecht sollte jeder Anwalt sachlich bleiben und am Gesetz entlang argumentieren, die Mandanten sind schon unsachlich genug.

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?
Gar kein Buch und ein Titel fällt mir daher auch nicht ein. Ich bin kein Literat oder Schriftsteller. Da gibt es bessere Schreiber unter den Anwälten.

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?
Die Digitalisierung und der (lange) Weg zur elektronischen Akte. Mich begeistern alle Fortschritte, die mir die Arbeit erleichtern. Davon gab es in den letzten 20 Jahren Einige.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?
Da gibt es niemanden, ich bin mit meiner Rolle heute sehr zufrieden.

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?
Wir wissen, dass das noch so ist – dennoch: Wir haben schon viel erreicht. Heute denke ich, wenn ich jungen männlichen Kollegen begegne: Erreicht Ihr erst einmal, was ich erreicht habe und den jungen Frauen rate ich immer, anspruchsvoll in ihrem Beruf zu sein und zwar in jeder Hinsicht.

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?
Müssten Sie das nicht meine Kolleginnen und Kollegen fragen?

Ihr größter Flop?
Meine erste Ehe – aber das meinten Sie jetzt nicht, oder? Beruflich fällt mir tatsächlich keiner ein.

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?
Ich lese den Tagesspiegel, gelegentlich die FAZ und im Bad höre ich Radio 1. Der Fernseher bleibt am Morgen aus. Auch das Smartphone liefert daneben genug aktuelle Informationen.

Ihr liebstes Hobby?
Musik, aktiv und passiv.

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?
Auf dem Gebiet des Familienrechts zu arbeiten ist anstrengend. Vielleicht wäre ein Gebiet besser gewesen, in dem es nur um Geld geht?

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?
Berufliche Ratschläge habe ich soweit ich mich erinnere, nicht erhalten, aber viel Unterstützung in allen Fragen in meiner Kanzlei von den Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich Probleme sehe, frage ich die Anderen um Rat. Das hat sich bewährt. Schon aus diesem Grund wollte ich niemals alleine arbeiten müssen.

Kammerton 09-2019