So erreichen Sie uns:
- Rechtsanwaltskammer Berlin
Littenstraße 9 · 10179 Berlin - Tel. (030) 306931-0
- info@rak-berlin.org
Ab dem 1. August 2022: Umfassende Neuerungen im anwaltlichen Gesellschaftsrecht
Das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. 2021, 2363 ff.) tritt am 1. August 2022 in Kraft.
Mit diesem Gesetz werden die Möglichkeiten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, sich mit anderen Berufen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zu verbinden, wesentlich erweitert und erleichtert. Dies ergibt sich aus der Liberalisierung der möglichen Rechtsformen einer Berufsausübungsgemeinschaft und einer erheblichen Ausweitung der bisherigen sozietätsfähigen Berufe auf beispielsweise alle Personen, die einen freien Beruf ausüben (§ 59a Satz 1 Nr. 4 BRAO n.F).
Neu eingeführt wird der Begriff der Berufsausübungsgesellschaft (§ 59b BRAO n.F.), die nach § 59f n.F. grundsätzlich der Zulassung bedarf. Die zugelassene Berufsausübungsgesellschaft wird zur zentralen Organisationsform.
Keiner Zulassung bedürfen nach § 59f Abs. 1 BRAO n.F. lediglich Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt (z.B. GbR) und deren Partner ausschließlich aus dem Kreis der Mitglieder der Rechtsanwaltskammern sowie den Angehörigen eines bereits bisher genannten sozietätsfähigen Berufs angehören (§ 59c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BRAO n.F). Praxisrelevant ist insbesondere die Zulassungspflicht von Partnerschaften mit beschränkter Berufshaftung ab dem 01.08.2022, die nach § 209a Abs. 2 BRAO spätestens bis zum 01.11.2022 beantragt werden muss. Sofern die Gesellschaft bis zu diesem Zeitpunkt keine Zulassung beantragt hat, darf sie als solche keine Rechtsdienstleistungen mehr erbringen. Den entsprechenden Zulassungsbogen finden Sie hier. Sollten Sie bereits vor dem 01.08.2022 die Zulassung der PartGmbB als Berufsausübungsgesellschaft beantragen, beachten Sie bitte, dass die Bearbeitung vor dem 01.08.2022 nur dann erfolgt, wenn Sie vorab die Zulassungsgebühr i.H.v. 800,- € überwiesen haben. Die Kammerversammlung hat im März 2022 die Gebührenordnung, die ebenfalls zum 01.08.2022 in Kraft treten wird, entsprechend angepasst. Die Zulassung selbst kann dann frühestens mit dem Inkraftreten der Gesetzesänderung zum 01.08.2022 erfolgen.
Für jede zugelassene Berufsausübungsgesellschaft wird zukünftig verpflichtend ein beA eingerichtet (§ 31b BRAO n.F). Zusätzlich können für mehrere Standorte bzw. Zweigniederlassungen fakultativ weitere Gesellschaftspostfächer eingerichtet werden. Das Gesellschaftspostfach wird schließlich, wie auch das beA für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, als schriftformersetzender sicherer Übermittlungsweg i.S.v. § 130a III ZPO anerkannt. Daneben bleibt aber das obligatorische beA der in der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bestehen.
Bereits vor dem 1. August 2022 zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaften genießen Bestandsschutz und gelten als zugelassene Berufsausübungsgesellschaften nach § 59f Abs. 1 BRAO n.F. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Bezeichnung „Rechtsanwaltsgesellschaft" nach § 59p BRAO n.F. nur von solchen Berufsausübungsgesellschaften geführt werden darf, bei denen Rechtsanwälte die Stimmrechtsmehrheit innehaben und bei denen die Mehrheit der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans Rechtsanwälte sind. Diejenigen Rechtsanwaltsgesellschaften alten Rechts, bei denen diese Voraussetzungen nicht oder nicht mehr zutreffen, werden als Berufsausübungsgesellschaften fortgesetzt. Sie dürfen sich – im Einzelfall entgegen ihrer bisherigen Firmierung – nicht mehr als Rechtsanwaltsgesellschaft bezeichnen.
Neu ist auch, dass zukünftig jede Berufsausübungsgesellschaft, unabhängig von ihrer Größe, Organisationsform und Zulassung einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung bedarf, also etwa auch die Zwei-Personen-Sozietät (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Zu dem Thema der Versicherungspflicht für Berufsausübungsgesellschaften hat die Bundesrechtsanwaltskammer FAQs zusammengestellt.