Beratungshilfe

Chancengleichheit bedeutet in Deutschland auch, dass jedermann seine Rechte wahrnehmen und notfalls auch gerichtlich durchsetzen kann, ohne dass die Anrufung der Gerichte durch Kostenregelungen unmöglich gemacht wird. Niemand soll aus finanzieller Not heraus auf seine Rechte verzichten müssen. Heute hat ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung Anspruch auf Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe. Ergeben sich aus dem Vortrag der Mandantin/des Mandanten hinreichende Anhaltspunkte, so hat die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt über die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung aufzuklären.

Wer kann Beratungshilfe in Anspruch nehmen?

Das Beratungshilfegesetz sichert  Rechtsuchenden mit niedrigem Einkommen gegen eine Eigenleistung von 15 Euro Rechtsberatung und Vertretung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im Rahmen eines Güteverfahrens.

Beratungshilfe kann jeder in Anspruch nehmen, dem nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung Prozesskostenhilfe ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten gewährt werden würde. Beratungshilfe ist unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Einen Anspruch auf Beratungshilfe hat, wer aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, sich selbst Rechtsrat zu finanzieren. Eigenes Vermögen braucht man nur einzusetzen, wenn dies zumutbar ist. Ein Eigenheim, in dem die Familie wohnt, schließt das Recht auf Beratungshilfe nicht grundsätzlich aus.

Der Anspruch auf Beratungshilfe kann entfallen, wenn die rechtsuchende Person einen Anspruch auf Versicherungsschutz (Rechtsschutzversicherung) hat.

Beratungshilfe setzt weiter voraus, dass

  • keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist und
  • die Wahrnehmung der Rechte nicht mutwillig ist.

Was bedeutet Beratungshilfe?

Beratungshilfe heißt, dass man sich in rechtlichen Angelegenheiten fachkundigen Rat holen kann. Die Beratungshilfe umfasst, soweit erforderlich, auch die außergerichtliche Vertretung. Erforderlich ist eine Vertretung dann, wenn die/der Rechtssuchende ihre/seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann. Gründe hierfür können im Umfang der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit liegen.

Beratungshilfe wird in  vielen rechtlichen Bereichen gewährt, wie beispielsweise im Zivilrecht (Miete, Kauf, Verkehrsunfall), Arbeitsrecht, Verwaltungsrecht (Sozialhilfe, Wohngeld, Bafög). Sie wird nicht gewährt, wenn man in den Verdacht gerät, eine strafbare Handlung begangen zu haben. Hier kann man sich zwar beraten lassen, erhält aber keine Verteidigung.

Von wem kann man sich beraten lassen?

Zunächst prüft eine Rechtspflegerin/ein Rechtspfleger des Amtsgerichts die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Kann das Amtsgericht die entsprechende Hilfe nicht selbst gewähren, so stellt es einen Berechtigungsschein aus. Mit diesem Schein kann man eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt eigener Wahl aufsuchen. In eiligen Fällen ist es auch möglich, sogleich zu einer Anwältin/einem Anwalt zu gehen und diese/diesen zu bitten, den Antrag auf Bewilligung der Beratungshilfe beim Amtsgericht nachträglich zu stellen. Dem kann die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt entsprechen, ist dazu aber nicht verpflichtet.

In Berlin kann man zwischen der öffentlichen Rechtsberatung und der anwaltlichen Beratungshilfe wählen.

Kann eine Anwältin bzw. ein Anwalt die Beratung oder Vertretung ablehnen?

Die Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte können die Beratungshilfe nur unter den engen Voraussetzungen des § 16a Berufsordnung ablehnen.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind grundsätzlich verpflichtet, Beratungshilfe zu übernehmen (§ 49a Abs. 1 BRAO). Unter den Voraussetzungen des § 16a Abs. 3 Berufsordnung können Anwältinnen/Anwälte die Beratungshilfe nur im Einzelfall und aus wichtigem Grund ablehnen oder beenden. Ein wichtiger Grund kann beispielsweise sein, dass

  • die Beratungshilfebewilligung nicht den Voraussetzungen des Beratungshilfegesetzes entspricht oder die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mandantin/des Mandanten die Bewilligung nicht rechtfertigen
  • die Anwältin/der Anwalt aufgrund Erkrankung oder beruflicher Überlastung an der Beratung/Vertretung gehindert ist
  • die Mandantin/der Mandant ihre/seine erforderliche Mitarbeit bei der Mandatsbearbeitung verweigert
  • das Vertrauensverhältnis zwischen Anwältin/Anwalt und Mandantin/Mandant schwerwiegend gestört ist, wobei die Störung von der Mandantin/vom Mandanten verursacht worden sein muss.
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