Beschwerdeverfahren

Probleme im Mandatsverhältnis

Lassen sich Probleme im Mandatsverhältnis nicht durch ein Gespräch mit Ihrem Anwalt oder Ihrer Anwältin lösen, haben Sie die Möglichkeit, Beschwerde beim Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin einzulegen. Wann dies sinnvoll sein kann, erläutern wir nachfolgend.

Berufspflichten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten

Die Anwaltschaft unterliegt bei der Ausübung ihres Berufes vielfältigen Pflichten. Nur ein Teil davon unterfällt jedoch der berufsrechtlichen Aufsicht der Kammern. Nicht erfasst sind zum Beispiel mögliche Verletzungen rein zivilrechtlicher Pflichten, wie der Vorwurf der sogenannten Schlechtleistung, über welchen allein die ordentliche Gerichtsbarkeit entscheiden kann. Die Berufspflichten, deren Einhaltung die Kammern überwachen, ergeben sich aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und aus der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA).


Verschwiegen und frei und unabhängig von Weisungen Dritter üben Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen ihren Beruf aus. Erhaltende Informationen behandeln sie streng vertraulich. Selbst wenn sie als Zeugen/Zeuginnen benannt werden, bleibt die Vertraulichkeit gewahrt, da nicht nur eine gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit besteht, sondern der Anwaltschaft auch ein gesetzlich garantiertes Aussageverweigerungsrecht zur Seite steht. Die Pflicht und das Recht zur Verschwiegenheit bestehen selbstverständlich auch nach Beendigung des Mandats fort.


Einige Berufspflichten im Einzelnen:

 

  • Die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt hat über alle wesentlichen Fortgänge zu informieren und Anfragen zur anvertrauten Angelegenheit unverzüglich zu beantworten (§ 11 BORA)

  • Die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt hat spätestens mit Beendigung des Mandates über gezahlte Vorschüsse abzurechnen (§ 23 BORA).

  • Die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten ( § 43a IV BRAO).

  • Die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet (§ 43a V BRAO).
  • Die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die in dem Beratungshilfegesetz vorgesehene Beratungshilfe zu übernehmen. Er/sie kann die Beratungshilfe im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen (§ 49a I BRAO).
  • Es ist unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsieht, soweit dieses nichts anderes bestimmt (§ 49b I BRAO).

Möglichkeiten bei Problemen

Bei Verstößen gegen diese und andere Berufspflichten kann die Rechtsanwaltskammer von Amts wegen tätig werden. Der einfachste und häufigste Weg, um Verletzungen gegen Berufspflichten geltend zu machen, ist das Beschwerdeverfahren bei der Rechtsanwaltskammer.


Weder der Vorstand noch die Rechtsanwaltskammer selbst haben jedoch rechtliche Möglichkeiten, etwaige Ansprüche von Ihnen gegenüber ihrer Anwältin/ihrem Anwalt durchzusetzen. Hierfür sind die Zivilgerichte zuständig.


Als Alternative zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung besteht die Möglichkeit, die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft anzurufen. Voraussetzung ist, dass der Schaden 50.000,- € nicht übersteigt und der Streit nicht anderweitig bei Gericht, der Staatsanwaltschaft oder der Rechtsanwaltskammer anhängig oder abschließend geregelt ist.

Das Beschwerdeverfahren

Wenn Sie sich für eine Beschwerde entscheiden, wenden Sie sich schriftlich und möglichst zeitnah an den

Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin, Littenstr. 9, 10179 Berlin.

Beachten Sie bitte die Datenverarbeitungshinweise der Rechtsanwaltskammer Berlin (RAK Berlin) für Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen in Berufsaufsichts- und Vermittlungsverfahren


Die Einlegung der Beschwerde ist für Sie kostenfrei.

Hinweis: Für die Kammer besteht keine Verpflichtung zum Tätigwerden. Sie ist nicht gezwungen, im Hinblick auf Ansprüche Dritter, berufsrechtliche Maßnahmen gegenüber Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten einzuleiten.


In dem Beschwerdeschreiben sollte mitgeteilt werden, was passiert ist und aus welchem Grund Sie der Auffassung sind, dass Ihre Anwältin oder Ihr Anwalt gegen die anwaltlichen Berufspflichten verstoßen hat. Die Beschwerde muss den wesentlichen Sachverhalt und den Namen sowie die Kanzleianschrift der Anwältin bzw. des Anwalts beinhalten. Wir benötigen weiterhin Ihre postalische Anschrift, da es uns aufgrund der uns obliegenden Verschwiegenheit nicht gestattet ist, inhaltlich per E-Mail über eine Angelegenheit zu kommunizieren. Die Beschwerde muss in deutscher Sprache und in lesbarer Form verfasst sein.


Ihre Beschwerde wird vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin sorgfältig geprüft. Erscheint eine Verletzung von Berufspflichten möglich, erhält die betroffene Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt eine Kopie der Beschwerde mit der Bitte um Stellungnahme.

Gegebenenfalls erhalten Sie zur Sachaufklärung Ihrerseits Gelegenheit, sich zu den Angaben der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts zu äußern.


Nach Abschluss des Verfahrens werden Sie über die ergangene Entscheidung in Kenntnis gesetzt.

Die Möglichkeiten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer

Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer hat kaum eigene Möglichkeiten der Sachaufklärung. Kommt die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens den Aufforderungen der Rechtsanwaltskammer jedoch nicht nach, so können Zwangsgelder festgesetzt werden. Darüber hinaus können Fälle von besonderem Gewicht bei entsprechender Eignung zur weiteren Ermittlung an die Generalstaatsanwaltschaft abgegeben werden.


Lässt sich ein berufsrechtlicher Verstoß nachweisen, so hat die Rechtsanwaltskammer folgende Möglichkeiten:

 

  • Ist die Schuld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts gering, so kann der Vorstand eine Rüge erteilen. Gegen eine Rüge kann die/der Betroffene Einspruch einlegen. Wird dieser Einspruch vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer zurückgewiesen, so kann die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt die Entscheidung des Anwaltsgerichts beantragen.
  • Bei schwerwiegenden Verstößen kommt ein anwaltsgerichtliches Verfahren mit harten Sanktionen in Betracht. Für dessen Einleitung ist die Generalstaatsanwaltschaft zuständig, die ggf. vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer eingeschaltet werden kann.

Dabei liegt sowohl die Einleitung als auch die Auswahl von berufsrechtlichen Maßnahmen im Ermessen der Kammer. Eine gesetzliche Verpflichtung besteht nicht.

Gebührenstreitigkeiten

  • Für Gebührenstreitigkeiten besteht grundsätzlich keine Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern. Die Entscheidung über die Angemessenheit von Gebühren obliegt allein der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Auf Antrag kann der Vorstand jedoch einen Vermittlungsversuch unternehmen, welcher kostenfrei durchgeführt wird. Ein solches Vermittlungsverfahren ist unverbindlich, d.h. die Mitwirkung an diesem erfolgt auf freiwilliger Basis. Ein bereits anhängiges Verfahren oder die Erstattung einer Strafanzeige schließen einen Vermittlungsversuch allerdings aus.
  • Alternativ zu einem Vermittlungsersuchen an die Rechtsanwaltskammer können Sie sich an die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft wenden.

Hinweis: Einwendungen gegen gerichtliche Gebührenfestsetzungen sind fristwahrend nur gegenüber dem Gericht im Kostenfestsetzungsverfahren zu erheben. Die Rechtsanwaltskammer ist hierfür ebenfalls nicht zuständig.